Penguin Random House

Vier Millionen Dollar Vorschuss - Titel floppt

17. August 2022
Redaktion Börsenblatt

In der dritten Woche des Prozesses um die Fusion von Penguin Random House mit Simon & Schuster wurde vor Gericht weiter um die Bedeutung von Vorschüssen gestritten. Unter anderen sagte Penguin Random House US-CEO Madeline McIntosh über Bestseller und Marketingpläne aus.

Eine Rolle spielte die Frage, wie Verlage überhaupt eine Gewinn- und Verlustrechnung für ihre Akquisitionen erstellen und wie dann ein Vorschuss festgelegt wird. Penguin Random House US-CEO Madeline McIntosh erklärte, dass Vorschüsse nicht immer vorhersagbar seien, weil die Entscheidungen "höchst subjektiv" seien. Manchmal kämen die Redakteure auf drei unterschiedliche Vorschusssummen für ein und dasselbe Buch, sagte McIntosh laut US-Medien; in der Regel gebe sie dann für alle grünes Licht, weil sie die Begeisterung ihrer Redakteure für das Manuskript fördern wolle. McIntosh betonte, dass die Vorschusshöhe bei den Marketingplänen keine Rolle spiele. Die Marketingstrategie für ein Buch hänge von der medialen Resonanz, den Verkaufszahlen und der Chance ab, wenn es eine unerwartete Aufmerksamkeit etwa bei einem bekannten Buchclub oder durch einen Aufhänger für eine Nachricht bekomme. "Wir passen uns in Echtzeit an", meinte McIntosh laut "Publishers Weekly". Wenn man anfange, über Marketingpläne zu sprechen, werde der Vorschuss für das Buch bereits unter "verlorene Kosten" verbucht.

"Wenn Sie mir sagen würden, dass sich ein Buch in einem Jahr definitiv 300.000 Mal verkauft, würde ich Millionen von Dollar ausgeben, um dieses Buch zu kaufen", sagte McIntosh. Aber oft seien die Bestseller Breakout-Bücher und Debüts, die nur einen relativ bescheidenen Vorschuss bekommen hätten, etwa Delia Owens "Der Gesang der Flusskrebse", E. L. James "Fifty Shades of Gray" und Gillian Flynns "Gone Girl – Das perfekte Opfer". "Selbst wenn wir beim Kauf Hoffnungen in diese Bücher gesetzt hatten, haben die Verkaufszahlen unsere Erwartungen so sehr übertroffen, dass sie den Löwenanteil der Rentabilität ausmachten", erläuterte McIntosh. In einem anderen Fall gab Penguin Random House vier Millionen Dollar Vorschuss für ein Buch aus, das sich nicht verkaufte – "weil es sich um einen Autor handelte, der zum zweiten Mal bei Penguin Random House verlegt wurde und sein Agent Andrew Wylie sehr überzeugend war."

Die Rolle der christlichen Bücher

Eine Statistik darüber, wie oft der Verlag hohe Gebote über einer Million Dollar an die anderen Big-Five-Verlage verliert, gebe es nicht, sie habe aber davon gehört; dabei müssen die Vorschüsse über eine Million Dollar laut dem auf Zivilprozesse konzentrierten Nachrichtendienst "Courthouse News Service" vom CEO genehmigt werden. Richterin Florence Y. Pan konstatierte, dass McIntoshs Aussage den Anschein erwecke, dass die Verlagsbranche "sehr stark angetrieben" sei vom spekulativen Verkauf von Büchern. Ausgewichen sei McIntosh auch auf die Frage von Pan, ob der Marktanteil von Penguin Random House dreimal so hoch sei wie der des zweitgrößten US-Verlags HarperCollins, wenn die Verkäufe christlicher Bücher aus der Berechnung herausgerechnet würden. Für eine Antwort verfüge sie nicht über die erforderlichen Daten, wird McIntosh in Courthouse zitiert. Pan hatte die Bedeutung der Verkäufe christlicher Bücher ins Feld geführt, weil Penguin Random House im Vergleich zu HarperCollins nur einen geringen Anteil am christlichen Buchmarkt hat, und festgestellt, dass, wenn man die christlichen Verkäufe ausklammere, Penguin Random House "etwa dreimal so groß" wie HarperCollins sei.

175 Millionen Dollar Einsparpotenzial

Nach McIntosh wurde Manuel Sansigre befragt, der Senior Vice President and Head of Global Mergers & Acquisitions bei Penguin Random House. Sansigres Berechnungen zeigen, dass durch die Integration von Simon & Schuster bis zum Jahr 2025 Synergien in Höhe von 135 bis 175 Millionen US-Dollar entstehen würden. Eine der Maßnahmen von Penguin Random House, um Kosten einzusparen, wäre der Umzug der 1.400 Simon & Schuster-Mitarbeiter vom jetzigen Standort im Rockefeller Center in die Penguin Random House -Zentrale am Broadway. Nach der  Fusion würde Simon & Schuster keine eigenen Räume mehr brauchen, erläuterte Sansigre.

"Natürlich will jeder viel Geld verdienen"

Auch Ende vergangener Woche war es an Tag 9 des Prozesses um die Rolle der Vorschüsse und Honorare für Autor:innen gegangen. Nach der Meinung von Norton-Verleger John Glusman werden Autoren, der Honorare im Mittelfeld angesiedelt sind, durch die geplante Fusion geschädigt. Seinen Beobachtungen zufolge zahlten die Big Five Verlage regelmäßig zu viel für Bücher. Das habe aber dennoch Auswirkungen für Norton, weil der Verlage am Ende Autoren verliere – "wir zahlen nicht zu viel für Bücher. Wir zahlen auf der Grundlage dessen, was wir für den Verkauf prognostizieren."

"The Power of Habit"-Autor Charles Duhigg hingegen meinte, dass bei einer Fusion Penguin Random House "die Welt zu einem besseren Ort für Autoren machen" wolle. Sein Lektor Andy Ward und PRH liebten Autoren und wollten ihnen "die Freiheit geben, das zu schreiben, was wir schreiben wollen." Letztlich seien auch die Vorschüsse für Schriftsteller nicht so wichtig; er wolle Millionen von Exemplaren verkaufen, "denn das ist es, was einem erlaubt, Geld zu verdienen."

Putnam-Verlegerin Sally Kim, die seit einem Vierteljahrhundert Titel akquiriert, bezeichnete die verlegerische Arbeit als "ein Beziehungsgeschäft" zwischen Verlegern, Herausgebern und Agenten. Agentin Elyse Cheney fand, dass es nicht in erster Linie auf den Wettbewerb ankomme; die Art und Weise, wie der Lektor vermittele, worum es in einem Buch gehe, sei entscheidend für den Erfolg eines Titels. "Natürlich will jeder viel Geld verdienen, auch ich, aber das bedeutet nicht, dass ich jedem vorschlage, den größten Vorschuss zu nehmen." Andrew Wylie (Wylie Agency) vermutete, dass eine Fusion für seine Kunden ein positive Auswirkung hätte; die höchsten Vorschüsse, die er ausgehandelt hat, seien die mit den Big Five-Verlagen gewesen. "Ich glaube, dass sie verlegerisch das größte Talent haben, sie sind im Allgemeinen finanziell gut ausgestattet und ihre Produktion und ihr Vertrieb arbeiten sehr professionell".