Gerichtsverhandlung zur US-Verlagsfusion

Brian Murray: "Ich war schockiert"

11. August 2022
Redaktion Börsenblatt

Mit HarperCollins-CEO Brian Murray trat im Prozess um die Übernahme von Simon & Schuster durch Penguin Random House letzte wichtige Zeuge der US-Regierung in den Zeugenstand. Der Verleger des zweitgrößten US-Verlags zeigt sich schockiert über die Summe, die PRH bereit ist zu zahlen.

2,2 Milliarden US-Dollar will Penguin Random House für Simon & Schuster zahlen. Der erste Gedanke von HarperCollins-CEO Brian Murray, als er von der Summe erfuhr: "Ich war schockiert".

Im Vergleich zu anderen Übernahmen in der Buchbranche liege eine solch hohe Summe weit außerhalb des üblichen Rahmens – "wir haben etwa fünf Akquisitionen getätigt, und wir neigen dazu, in unserem Finanzmodell sehr diszipliniert zu sein", erklärte Murray nach US-Medienberichten. "Wir konnten keine Möglichkeit finden, zu diesem Preis eine Rendite zu erzielen."

Wie bereits Hachette-CEO Michael Pietsch erklärte auch Murray, dass HarperCollins weiterhin an einer Übernahme von Simon & Schuster interessiert wäre, wenn das Gericht den Zukauf durch Penguin Random House blockieren würde. Darüber, wie hoch genau das Angebot von HarperCollins an Simon & Schuster damals war, gab Murray keine Auskunft. Die Summe sei jedoch unter den 2,2 Milliarden von Penguin Random House gewesen.

Ähnlich wie Pietsch sah Murray in einer Konsolidierung von fünf auf vier Verlage generell zwar keine Wettbewerbswidrigkeit, bei einem Zusammenschluss in der Größe von Penguin Random House und Simon & Schuster hingegen schon.

Nach internen Schätzungen von HarperCollins seien Penguin Random House und Simon & Schuster zusammen "drei- bis dreieinhalbmal" so groß wie HarperCollins – mit einer solchen Größe zu konkurrieren, mache ihn besorgt. Nicht berücksichtigt wurden die Geschäftsbereiche Serienromanzen und christliche Titel, wie Simon & Schuster-Anwalt Fishbein anmerkte. Murray begründete dies damit, dass er in diesen Segmenten nicht oft mit anderen Big-Five-Verlagen konkurriere. Inklusive dieser Geschäftsbereiche sinke der Größenunterschied zwischen Penguin Random House / Simon & Schuster und Harper Collins auf das Doppelte.

Penguin Random House-CEO Markus Dohle bestätigte in seinem Verhör am Tag zuvor, dass der hohe Kaufpreis hauptsächlich bezahlt wird, um die Position von Penguin Random House als Nummer eins der US-Verlage zu zementieren. "Wir zahlen 2,2 Milliarden Dollar, um unseren Marktanteil größtenteils wieder aufzufüllen“, hatte Dohle laut US-Medien gesagt. Rendite konkret aus dem Kauf von Simon & Schuster zu erzielen, erhofft sich Penguin Random House offenbar auch nicht. Künftig wolle man gemeinsam mit dem Markt wachsen. 

Hill wirft Licht auf Agenten

Am Nachmittag warf der Wirtschaftsexperte der Regierung, Nicholas Hill, ein Licht auf die Rolle der Literaturagenten bei der Akquisition insbesondere bei Auktionen. Am vergangenen Verhandlungstag hatte Literaturagentin Ayesha Pande erklärt, dass die lukrativsten Verträge für Autoren mit Big Five-Verlagen ausgehandelt werden würden. Gäbe es hier einen weniger, würde sich das auf ihre Chancen auswirken, höhere Vorschusszahlungen auszuhandeln. Sorge ist auch, dass es bei Auktionen für absehbare Bestseller weniger Konkurrenten gäbe.

Nicholas Hill sagte in der Regierungsbefragung, dass Agenten keinen Zauberstab hätten. So wüssten sie zwar, wie sie die Vorteile beim Verkauf von Büchern an Verlage für sich nutzen könnten, doch wenn der Wettbewerb bei Auktionen erheblich eingeschränkt werden würde, könnten Literaturagenten auch nichts bewirken.

Anschließend musste sich Hill dem Kreuzverhör des Verteidigers Oppenheimer stellen. So habe Hill nicht berücksichtigt, dass mehr als die Hälfte seiner untersuchten Akquisitionen durch bilaterale Verhandlungen zwischen Verlegern und Agenten/Autoren zustande kamen und seinen Fokus auf den Verkauf durch Auktionen gesetzt. Es wird befürchtet, dass Autoren geschädigt werden, wenn PRH und S&S als erste und zweithöchste Bieter in Auktionen auftreten, deren Ergebnis dadurch bestimmt wird, dass die zweithöchste bietende Partei ausscheidet.

Hill habe nicht genügend Daten zu Verfügung und habe bilaterale Verhandlungen deshalb nicht berücksichtigt, erklärte der Wirtschaftsexperte auf Frage von Richterin Pan. Das berichtet Publishers Weekly.

Mit der heutigen Sitzung wird Hill seine Aussage beenden, die Literaturagentin Christy Fletcher als Gegenzeugin für die Regierung aufgenommen und die Vernehmungen der Staatsanwaltschaft abgeschlossen. Dann übernimmt die Verteidigung.