Neue Zahlen aus der Studie "Bock aufs Buch"

Die Optik ist entscheidend

13. Juni 2024
Stefan Hauck

Die unter 19-Jährigen lesen nicht nur Kinder- und Jugendbücher: Der Anteil der Belletristik am Lesestoff ist deutlich gestiegen. Und auch an Originaltexten: Ergebnisse der Studie »Bock auf Buch« (Teil 3).

Mit spannenden Detailzahlen wartete Sonia López Sánchez, Business Development Director Media für das Consumer Panel Services GfK, bei der Jahreshauptversammlung der Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen am 5. Juni auf. Die jüngste Marktforschungsstudie »Bock auf Buch! Wie junge Menschen heute Bücher finden und kaufen« von avj und Börsenverein legt offen, dass die Zehn- bis 15-Jährigen 2023 20 % der Entertainment-Ausgaben für Bücher und 60 % für Games aufgewendet haben – 2019 waren es bei den Büchern noch 23 % und bei Games nur 45 %. Für Kinder- und Jugendbücher haben im vergangenen Jahr 17 % der Deutschen Geld ausgegeben, und zwar jeder Käufer im Durchschnitt knapp 60 Euro pro Jahr. »Der Kinder- und Jugendbuchmarkt ist ein sehr weiblicher Markt«, führte López Sánchez aus, »2023 lag der Anteil der Frauen als Käuferinnen bei 68 % und stand für 73 % der Ausgaben«, 2012 waren es noch 64 % und 69 % gewesen. Die Bedeutung der ­Frauen wächst.

Was wird gekauft?

Betrachtet man die Genres näher, so machen in der Warengruppe 2 die Kinderbücher den Löwenanteil mit einem Drittel aus, gefolgt von den Jugendbüchern (26 %) und Sach­büchern (10 %). Danach kommen Bilderbücher (9 %), Spielen & Lernen (8 %) und die Pappbilderbücher (7 %). Mit jeweils 4 % sind die Vorlese­bücher / Märchen und die Erstlesebücher vertreten. Interessant: Beim Bilderbuch wissen 55 % der Käufer:innen genau, welcher Titel es sein soll, jeder vierte Euro wird für spontane Käufe ausgegeben. Bei Pappen und Fühlbüchern ist der Anteil der Spontankäufe (35 %) am größten. 
Aber längst wird nicht nur innerhalb der Warengruppe 2 gekauft. Der Blick auf die Grafik zeigt, dass nur 60 % der Ausgaben für Leser:innen bis 19 Jahre auf die Warengruppe Kinder- und Jugendbuch entfallen. Bereits die Zehn- bis Zwölfjährigen wendeten 2023 18 %  der Ausgaben für belletristische Titel und 8 % für Ratgeber auf. Für die 13- bis 15-Jährigen wurden gar 46 % für Belletristik ausgegeben – 2019 waren es lediglich 28 %. Und die 16- bis 19-Jährigen gaben 2023 gar 60 % für belletristische Titel aus, 2019 waren es nur 43 %. 

Der rasante Anstieg von Verkäufen aus der Warengruppe 1 hängt vor allem mit dem Romance-Boom zusammen: Nicht wenige dieser Titel werden in der »Erwachsenen-Belletristik« gelistet, und belletristische Verlage bieten mehr und mehr Titel für Jugendliche und junge Erwachsene an. Verwundern mag auf den ersten Blick, dass auch die unter Sechsjährigen zu je 3 % Belletristik und Ratgeber lesen – Sonia López Sánchez konnte im Haus des Buches in Frankfurt am Main die scheinbare Hochbegabung der Jüngsten jedoch aufklären: Hier hatten Eltern Geschenkbücher und Alben genannt, wie sie zum Beispiel zur Taufe oder im Kindergarten verschenkt werden. Und die sind nun mal  in der Warengruppe 1 (19) gelistet.
 

Lesen im Original

Ebenfalls zur Warengruppe 1 gehören aber auch Comics und Manga – das erklärt, warum die Verkäufe in der 1 so hochgeschnellt sind. Betrachtet man die Zahlen genauer, dann sind in den 46 % Belletristik für die 13- bis 15-Jährigen 10 % Manga enthalten, bei den 60 % der 16- bis 19-Jährigen sind es 9 %. Zugenommen hat die Bereitschaft, Texte in der Originalsprache zu lesen: Die Grafik etwa zeigt, dass bereits 30 % der 16- bis 19-Jährigen oft Bücher im Original lesen. Dazu können aber auch die Pflichtlektüren in der Schule gehören. Hauptgründe sind der Wunsch, die eigenen Sprachkenntnisse zu verbessern und die Angst, dass bei der Übersetzung etwas verloren geht.

 

Welche Kriterien hat die junge Zielgruppe generell bei der Auswahl eines Buchs? Spannend muss es sein, und sowohl der Titel als auch das Cover müssen ansprechen: Das sind die drei Hauptaspekte – kein Wunder also, dass sich Verlagsmitarbeiter lange und erbittert um die richtige Aufmachung streiten, wenn sie derart kauf­entscheidend sind. Der informative Klappentext gerät demgegenüber schon zum Nebenschauplatz. Insgesamt gibt es unter den Zehn- bis 29-Jährigen auffallend wenig Unterschiede in den Top­kritierien. Die über 30-jährigen Eltern hingegen legen starken Wert auf Wissensvermittlung und auf­lockernde Bilder – da liegen die Interessen anders.