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Hohe Vormerkerzahlen sind heute keine Garantie mehr für den Verkaufserfolg. Dafür spielen mittlerweile zu viele andere Faktoren eine Rolle. Meint Markus Klose.
Hohe Vormerkerzahlen sind heute keine Garantie mehr für den Verkaufserfolg. Dafür spielen mittlerweile zu viele andere Faktoren eine Rolle. Meint Markus Klose.
Die Buchbranche lebt auch von ihrer speziellen Terminologie. Gerade rückt wieder eine ganz besondere Vokabel in den Vordergrund. Die Vertretungen der Publikumsverlage haben die ersten Buchhandlungen besucht, die Verlage betrachten täglich die Statistiken, die die sogenannten Vormerker zeigen. Jetzt wird rausgestellt, verkauft, präsentiert, über Inhalte disputiert, über Marketingmaßnahmen fantasiert, über Pressearbeit fabuliert.
Sichtbarkeit soll hergestellt, schneller Zugriff des Laufpublikums garantiert, ausreichender Bestand auf den Flächen vorhanden sein. Dabei wissen alle: Der so etikettierte und in VLB-TIX als Schwerpunkt markierte Titel liegt dann vielleicht im Fenster, auf dem Tisch oder zumindest im Stäpelchen vor den Regalen, wunderbar! Aber die Menschen gehen immer häufiger daran vorbei und suchen das influenzierte Werk, das bisher noch gar nicht geordert wurde. Und das man nicht auf dem Schirm hatte, haben konnte. In der Belletristik gibt es sie sicher, die gerühmten Lieblingsbücher des Sortiments, die sich durch diesen sehr seltenen Status marktweit durchsetzen können. Nur: Alle wollen Liebling sein; man darf darauf hoffen, ein strategisches Mittel ist es nicht wirklich.
Präsenz im Handel ist eben nur noch einer von vielen Verkaufsanlässen.
Markus Klose
Sachbücher tun sich meist schwer. Sortimenter:innen sagen: Danke, ich kann ja nachbestellen, erst mal warte ich ab. Zumal – auch das ein Zeichen der Zeit: So schnell die Nachfrage steigt, so schnell endet sie nicht selten auch wieder. Eine Prognose ist im Moment der Nachfrage schon schwer zu treffen – zum Zeitpunkt des Vorverkaufs ist ein Urteil gar nicht möglich. Der Handel geht zurecht ungern ins Risiko, sein eigener Einfluss auf solcher Art Erfolge ist begrenzt. Selbstverständlich sind Empfehlung oder gar Begeisterung Umsatzbooster. Aber es ist nicht zielführend, die knappe Liquidität und den geringen Platz durch exogen motivierte Impulse weiter zu beschränken.
Also wird vorsichtig geordert, man will ja allzu gern glauben, was der Verlag ankündigt, doch die Erfahrung lehrt, dass es nicht selten anders kommt. Präsenz im Buchhandel ist nur noch einer von sehr vielen Verkaufsanlässen. Online entdeckt, bei Tiktok betanzt, im Abokarton versendet, bei Insta vorgestellt: Die Quellen der Erfolge sind unübersichtlicher denn je und kaum noch einzuschätzen. Orientierung tut not.
Deshalb wird die Aufgabe der Verkaufenden, neue Programme, Ideen und Kampagnen vorzustellen, den Handel einzubinden, eher wichtiger. Wie hieß das früher? »Zu wissen, es ist Platin.« Aber dieses Wissen zahlt nicht mehr automatisch auf Vorbestellungen ein. Einkaufsverbünde, Genossenschaften, Partnermodelle: alles interessierte Händler:innen, die aber eines eben nicht tun – direkt ordern. Vormerker haben ihre Hinweisqualität auf den Erfolg verloren, in beide Richtungen. Sie nützen stetig weniger in der Disposition. Und sie sind auch keine aussagekräftige Währung mehr, um Vertriebsarbeit bewerten zu können. Übrigens: Microsoft Word markiert den Begriff des Vormerkers in Texten als Schreibfehler ...