Neues Arbeitszeitmodell bei Oekom

"Ja, 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich kriegen wir hin"

3. Juni 2024
Sabine Cronau

Der Oekom Verlag hat im Januar die 35-Stunden-Woche eingeführt – bei vollem Lohnausgleich. Wer profitiert davon? Verleger Jacob Radloff und Buchautor David Gutensohn über die Arbeitswelt von morgen und die junge »Generation Anspruch«.

35 Stunden-Woche bei gleichem Gehalt: Warum tut sich das ein Firmenchef ­freiwillig an, Herr Radloff?

Jacob Radloff: Die Idee entstand Anfang 2023 unter dem Eindruck der hohen Inflations­rate. Die Druckkosten sind uns davongaloppiert, viele andere Kosten ebenfalls. Gleichzeitig mussten unsere Mitarbeiterinnen und Mit­arbeiter mehr für Lebensmittel und Miete bezahlen. In der Krise war klar, dass wir keine finanziellen Ressourcen für Gehaltserhöhungen hatten. Trotzdem wollten wir uns nicht damit abfinden, dass das Team, das ja letztlich den Wert des Verlags erwirtschaftet, am Ende leer ausgeht – nach dem Motto: Den Letzten beißen die Hunde. Also haben wir uns dazu entscheiden, statt Geld Zeit zu geben – bei einer Reduktion von vier Stunden entspricht das etwa einer zehnprozentigen Gehaltserhöhung. 
 

Bisher gab es bei Ihnen die 39-Stunden-­Woche. Vier Stunden weniger pro Kopf: Wird dieselbe Arbeit jetzt in kürzerer Zeitspanne erledigt – sprich, ist der Zeitdruck im Büro eher größer als kleiner?

Jacob Radloff: Nein, wir haben ein Jahr lang alle Aufgaben im Verlag durchleuchtet, priorisiert und uns Schritt für Schritt auf das Wesent­liche konzentriert – jede und jeder für seinen Bereich. Ende 2023 konnten wir dann mit gutem Gewissen sagen: Ja, 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich – das kriegen wir hin. Noch sind wir in der Experimentierphase. Aber es sieht gut aus, dass die Halbjahres­bilanz positiv ausfällt. Auch wenn die Zeiten für Verlage schwierig sind: Wenn wir gemeinsam intelligente Lösungen finden, dann können wir mit den vorhandenen Ressourcen – auch den zeitlichen – viel erreichen.

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