"Wir liegen noch im grünen Bereich!
Auf der digitalen Hauptversammlung am 18. November geht es auch um die Finanzen des Börsenvereins. Schatzmeister Klaus Gravemann gibt einen Ausblick.
Auf der digitalen Hauptversammlung am 18. November geht es auch um die Finanzen des Börsenvereins. Schatzmeister Klaus Gravemann gibt einen Ausblick.
Klaus Gravemann: Wir können aus heutiger Sicht mit dem wirtschaftlichen Verlauf des Jahres 2024 einigermaßen zufrieden sein. Es ist unter dem Aspekt des Budgets ein unspektakuläres Jahr.
Das von der Hauptversammlung im letzten Jahr beschlossene Budget 2024 soll mit einem kleinen Überschuss in Höhe von 58.000 Euro abschließen. Nach dem derzeitigen Stand unserer Vorschaurechnung erwarten wir ein Ergebnis von 138.000 Euro. Im Budget gibt es keine großen, unvorhergesehene Entwicklungen.
Die ordentlichen Erträge liegen 248.000 Euro über Plan. Wesentliche Ursachen hierfür sind Verbesserungen bei den Zinseinnahmen, erhöhte Fördermittel, die allerdings teilweise auch bei der Aufwandposition wieder auftauchen, sowie Mieterträge seitens des mediacampus durch einen neuen Mietvertrag.
Die ordentlichen Aufwendungen liegen um 167.000 Euro über Plan. Neben einigen kleineren Punkten, wie zum Beispiel erhöhte Pensionszinsen oder eine kleinere, ungeplante Instandhaltung im Büro Berlin, wirken sich hier vor allen Dingen mit 75.000 Euro Spenden an unsere beiden Stiftungen Buchkultur und Leseförderung sowie Freedom of Expression aus.
Es ist allerdings nicht nur ein unspektakuläres Budget, sondern auch ein normales Budget. Wir haben in den vergangenen Jahren auf den außerordentlichen Ertrag in Höhe von 200.000 Euro aus der Tilgung des Hauses des Buches Leipzig an den Börsenverein verzichten können, um das Budget in Leipzig zu stärken. Dies wird aller Voraussicht nach in diesem Jahr nicht mehr möglich sein.
Beide liegen in der Vorschaurechnung gegenüber dem Budget exakt im Plan. Das sagt aber leider nur etwas über die Genauigkeit der Planung aus und nicht über das zugrunde liegende Problem. Bei den Einnahmen von Mitgliedern haben wir gegenüber den Erträgen des vergangenen Jahres ein Minus von 176.000 Euro, was 3,6 Prozent entspricht. Der aus bekannten Gründen anhaltende Mitgliederrückgang macht sich hier deutlich bemerkbar.
Bei den Personalaufwendungen haben wir gegenüber dem Ergebnis des vergangenen Jahres einen Zuwachs von 123.000 Euro und gegenüber dem seinerzeit veranschlagten Budget 2023 sogar einen Zuwachs von 305.000 Euro. Hier macht sich ohne Personalausweitung beim Börsenverein die Situation bei den Tarifabschlüssen in Hessen bemerkbar. Diese betrugen zum Beispiel im Jahr 2023 5,1 Prozent und im Jahr 2024 fünf Prozent. Das muss bei einem Personalaufwandanteil von etwa 50 Prozent erst einmal verarbeitet werden.
Das Budget 2025 ist ausgeglichen, aber es wird knapper.
Klaus Gravemann
Rücklagen haben wir nicht viele, nämlich nur zwei: die Rücklage für das 200-Jahre-Jubiläum und die Rücklage, die aus der Fusion des Bundesverbandes mit dem Landesverband NRW resultierte. Ich vermute aber, Sie meinen die finanzielle Handlungsfähigkeit des Verbandes. Und hier haben wir für alle erkennbaren möglichen Verbindlichkeiten, die noch auf uns zukommen, ausreichend Rückstellungen gebildet mit Schwerpunkt im Bereich der Pensionsverpflichtungen, aber auch für viele andere Dinge wie zum Beispiel Rechtsstreitigkeiten für unsere Rechtsabteilung. Die Liquidität des Börsenvereins ist aus meiner Sicht derzeit ausreichend und liegt zum vergangenen Jahresende mit gut 3,5 Millionen Euro bei etwa 17 Prozent der Bilanzsumme und bei gut 40 Prozent unserer Budgetsumme, sodass die jederzeitige Erfüllung von finanziellen Verpflichtungen aus heutiger Sicht gewährleistet ist.
Das Budget 2025, das der Hauptversammlung zur Beratung vorliegt, ist ausgeglichen, aber es wird knapper. Gegenüber dem erwarteten Jahresergebnis 2024 von plus 138.000 Euro gehen wir 2025 nur noch von einem Jahresüberschuss von 12.000 Euro aus. Auch im Jahr 2025 sind unverzichtbar die 200.000 Euro Tilgung vom Haus des Buches Leipzig eingeplant.
Bei den Erträgen müssen wir – aufgrund der Zinsentwicklung bei der europäischen Zentralbank – mit verminderten Zinszahlungen der Frankfurter Buchmesse rechnen. Auch sind weiterhin zurückgehende Mitgliedsbeiträge eingeplant. Wir gehen von einem Rückgang von drei Prozent aus, der mit einem Prozent ausgeglichen wird durch Ergebnisse der anstehenden Testatprüfungen. Auch werden zum Beispiel weiterhin die Lizenzerträge aus dem Börsenblatt sinken. Insgesamt sinken die ordentlichen Erträge um 445.000 Euro. Die Aufwendungen gehen um 319.000 Euro zurück. Hier müssen wir eine weitere Tariferhöhung von zwei Prozent zum 1. Mai 2025 verarbeiten. Damit muss der Börsenverein innerhalb von eineinhalb Jahren Tarifsteigerungen von mehr als zwölf Prozent verkraften.
Verbesserungen gibt es hier durch Einsparung bei den Reise- und Bewirtungskosten und insbesondere auch bei Aufwendungen für Verbandsaktivitäten. Aufgrund der Jubiläumsveranstaltungen werden eine Reihe anderer Veranstaltungen wie zum Beispiel Focus-Tage oder ein separates Mitgliederfest nicht oder wie die Hauptversammlung 2025 nur in digitaler Form stattfinden. Auch wird es anders als im Jahr 2024 keine Spenden an unsere beiden Stiftungen geben. Stattdessen setzen wir unsere Strategie fort, passende Aufgaben an die Stiftungen zu übertragen, um sie dort mit entsprechenden Synergien zu den anderen Bereichen und mit der Unterstützung von Stiftern gut erfüllen zu können. So soll das Gütesiegel Buchkita an die Stiftung Buchkultur und Leseförderung übertragen werden.
Die Jubiläumsfeieraufwendungen sind in einer eigenen Rechnung außerhalb der Budgetpositionen festgehalten. Die Aufwendungen sollen sich etwa zur Hälfte aus Erträgen des Ticketverkaufs und aus Sponsoringeinnahmen finanzieren und zu gut der anderen Hälfte aus einer Rücklage "200 Jahre Börsenvereinsjubiläum", die wir in den letzten Jahren nach und nach angespart haben. Das normale Budget und die Arbeit des Börsenvereins sind hiervon also nicht betroffen.
Wir hatten uns bis zum Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine im Jahr 2022 daran gewöhnt, dass es praktisch keine relevante Inflation mehr gab, und haben aber nicht so richtig merken wollen, dass diese schon seit dem Jahr 2021 wieder angezogen hatte. Auch wenn die hohen Inflationsraten der Jahre 2022 und 2023 der Vergangenheit angehören, werden wir uns dauerhaft an eine Inflationsrate von circa zwei Prozent wieder gewöhnen müssen. Das ist auch eigentlich normal und gehört zu wachsenden Volkswirtschaften.
Was aber auch bleibt, sind die damit verbundenen Kostensteigerungen und auch zum Beispiel die Steigerung bei den Personalkosten. Seit unserer letzten Beitragserhöhung im Jahr 2021 sind diese tariflichen Verpflichtungen mit der für Mai 2025 anstehenden Tarifsteigerung des hessischen Tarifvertrages dann insgesamt um 17,9 Prozent angestiegen, ohne dass die Mitgliedsbeiträge auch nur ein Prozent gestiegen sind. Das kann der Verband beim besten Willen nicht dauerhaft weiter stemmen.
Wir hatten bisher die Sondersituation, dass wir durch die Einsparungen während der Coronazeit, teilweise durch intensive Sparbemühungen des Haupt- und Ehrenamtes, teilweise zwangsweise durch den Ausfall von Veranstaltungen, die Ausfälle abdecken konnten, die dadurch entstanden sind, dass etwa die Frankfurter Buchmesse keine Zinszahlungen für Darlehen an den Börsenverein zahlen konnte und durfte. Nach Corona konnten wir dann von den Nachzahlungen der dort aufgelaufenen Zinsen profitieren, was jetzt leider ans Ende gekommen ist. Die dargestellten Zahlen für den Stand des Budgets 2024 und die Planung 2025 zeigen, dass wir uns ertragsmäßig gegen null bewegen. Das Jahr 2025 kann auf jeden Fall noch ohne Beitragserhöhung bewältigt werden. Ich habe hier ganz bewusst keine Beitragsanpassung eingeplant, da ich Beschlüssen der Hauptversammlung nicht vorgreifen möchte und nur mit dem plane, was auch zur Verfügung steht.
Wir haben den Verbraucherpreisindex gewählt, weil wir einen Index vorschlagen wollen, der mit der Ausgabeseite und nicht mit der Einnahmeseite zu tun hat, der politisch und auch durch eigenes Tun nicht beeinflussbar ist und der für jede Person einfach einsehbar ist. Daher scheiden Indizes wie z. B. die Bürgergeldsteigerung, der Mindestlohn oder die Rentenentwicklung genauso aus, wie etwa vom Zwischenhandel erhobene interne Statistiken. Wir haben auch keine Daten zur Buchpreisentwicklung zugrunde gelegt, da dieses für die Geschäftsstelle des Börsenvereins nichtzutreffend ist. Unsere Hauptressource ist das Personal, und die Hauptarbeit des Verbandes sind Mitgliederservice und politische Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit – und das ist eine Kostenstruktur, die im Prinzip mit der Kostenentwicklung bei Büchern nichts zu tun hat.
Wir wollen für den Fall, dass es wieder Ausschläge bei der Inflationsrate gibt, diese abmildern. Daher wird zur Berechnung ein Fünfjahresdurchschnitt genommen, und um diesen Durchschnitt zu errechnen, wird nicht das arithmetische Mittel, sondern das geometrische Mittel genommen, das Ausschläge noch besser glättet.
Wir wollen nur 90 Prozent dieser dann ermittelten Summe als Steigerung auf die Beiträge umlegen, damit es nach wie vor für Haupt- und Ehrenamt "knapp" bleibt und weitere Sparanreize und Sparnotwendigkeiten vorhanden sind. Bei einer eventuellen Deflation wird der Mechanismus übrigens ausgesetzt, das Deflationsjahr geht aber natürlich mindernd in den Fünfjahresdurchschnitt mit ein.
Die Liquidität des Börsenvereins ist aus meiner Sicht derzeit ausreichend.
Klaus Gravemann
Bei einer prozentualen Steigerung werden logischerweise prozentual alle Mitglieder gleich belastet. 3,6 Prozent bei dem einen sind dann auch 3,6 Prozent bei dem anderen Mitglied. Absolut ist das allerdings nicht der Fall. Für ein Mitglied in der Beitragsgruppe 1 wären 3,6 Prozent 12,85 Euro im Jahr. Für ein Mitglied in der Beitragsgruppe 40 sind es 508,46 Euro.
Ich glaube, die dahinterliegende Frage ist die an den grundsätzlichen Aufbau unserer Beitragsstaffel. Hier mögliche Änderung vorzunehmen, hat aber nichts mit dem Flextarif und der nötigen Beitragserhöhung zu tun. Diese Beitragsstaffel haben wir seit Jahren und sie hat auch gute Gründe. Sie ist ein vernünftiger Kompromiss zwischen den beiden extremen Möglichkeiten der Vereinsfinanzierung. Das eine Extrem wäre, dass alle Mitglieder exakt die gleichen absoluten Beiträge zahlen, was man damit begründen könnte, dass die Inanspruchnahme von Leistungen beim Börsenverein durch große und kleine Mitglieder gleich viel kostet und wert ist.
Das andere Extrem wäre, den Beitrag linear zum Umsatz festzulegen. Dies würde dazu führen, dass ein Mitglied etwa in der höchsten Beitragsgruppe, die derzeit besetzt ist, der Gruppe 49, einen Jahresbeitrag von knapp 1,5 Millionen Euro hätte. Hier müssen wir, glaube ich, nicht länger überlegen, ob dieses Mitglied überhaupt noch Mitglied wäre oder je geworden wäre.
Unsere jetzige Beitragsstaffel ist ein Ausdruck der Solidarität untereinander, die auch nach oben hin nicht überzogen werden darf.
Da bei diesen Überlegungen Gerechtigkeitsempfindungen mitschwingen, bitte ich zu bedenken, dass wir vor zwei Jahren den Konzernnachlass für Mehrfachmitgliedschaften auf maximal 30 Prozent gedeckelt haben, damit er nicht weiter ansteigen kann.
Auch haben wir vor zwei Jahren die Beitragsgruppen 54 bis 56 gestrichen sowie die Regelung aus der damaligen Beitragsgruppe 56, dass bei Erreichen der Gruppe egal wie hoch der Umsatz steigt, nie wieder eine Beitragssteigerung anfällt. Seitdem sind Mitglieder, die die Beitragsgruppe 53 erreichen, in der Situation, dass jeder weitere Euro Umsatz auch weiteren Beitrag kostet und es keine Deckelung nach oben mehr gibt. Diese beiden Punkte sind Beiträge auch der großen Mitglieder zur Solidarität innerhalb des Börsenvereins.
Auch das hört man derzeit ab und an, dass die enge Staffelung im unteren Bereich als nachteilig gesehen wird. Auch dies kann man andersrum sehen. Wir haben diese feine Staffelung dafür, dass wir auch bei der Höhe der Beiträge im Interesse der kleinen Mitglieder differenzieren können. Würde man etwa nur die Beitragsgruppen 1 bis 5 zu einer Beitragsgruppe zusammenfassen, sodass in einer solchen niedrigsten Gruppe erst bei über 200.000 Euro der Aufstieg in die nächsthöhere Gruppe käme, hätte dieses für die meisten Mitglieder in diesen heutigen Beitragsgruppen eine Beitragssteigerung zur Folge, denn der Beitrag würde sicherlich nicht der der alten Beitragsgruppe 1 sein, sondern eher im Bereich der Gruppe 3 angesiedelt sein und somit für weit über 1.000 Mitglieder zu höheren Beiträgen führen. Alle Argumente, auch gute Argumente, haben also ihre zwei Seiten, die ich beide zu bedenken bitte.
Ich habe schon bei der Einbringung der Budgets der beiden letzten Jahre und auch bei den jeweiligen Schatzmeisterinterviews im Börsenblatt intensiv für das neue Modell geworben. Dieses lief allerdings bisher unter dem Arbeitstitel "Tarif auf Rädern". Nun wurde, wo es offiziell wird, der etwas elegantere Begriff Flextarif gewählt. Nur der Begriff ist relativ neu, aber das Thema ist relativ alt und wir haben in einem intensiven Prozess mit einer Alpha-Gruppe, einer Beta-Gruppe und dem Haushaltsausschuss sowie im Länderrat und im Vorstand darüber beraten, und ich bin sicher, dass auch in zahlreichen Gremien unseres Verbandes das Thema angesprochen wurde.