Börsenverein: Interview mit Frauke Hartmann

"Ich bin in meinem Traumjob angekommen"

21. März 2025
Sabine Cronau

Von der Projektarbeit bei Zeitfracht in die Verbandsarbeit nach Wiesbaden: Seit 1. März ist Frauke Hartmann Geschäftsführerin des Landesverbands Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland. Ein Gespräch über Digitalisierung, Herzblut – und über das Börsenblatt.

Frauke Hartmann hat zum 1. März in der Wiesbadener Geschäftsstelle die Nachfolge von Andrea Wolf angetreten. Sie kommt von Zeitfracht Medien, wo sie verschiedene Projekte betreut hat.

Sie sind gelernte Buchhändlerin – und haben Ihre Ausbildung vor vielen Jahren in Norddeutschland gemacht. Aus Ihrer Ausbildungszeit haben Sie eine prägende Erinnerung ans Börsenblatt. Mögen Sie die Anekdote hier teilen?

Frauke Hartmann: Ja, gerne. Denn sie zeigt beispielhaft, wie sehr sich die Branche verändert hat. Bei den Kund:innen für ein bestimmtes Buch zu werben oder Novitäten zu empfehlen, das sah bei uns damals so aus: Unser Chef hat Anzeigen aus dem Börsenblatt herausgetrennt, den Namen der Kund:innen darauf notiert, denen er das Buch ans Herz legen wollte – und unsere Aufgabe war es, die Handschrift zu entschlüsseln und die herausgerissenen Seiten dann beim nächsten Besuch in der Buchhandlung in die richtigen Hände zu legen. Zielgruppenspezifischer kann man kaum werben …

Wenn Sie zurückblicken: Was hat den Buchhandel in den vergangenen drei Jahrzehnten am stärksten verändert?

Frauke Hartmann: Die größten Veränderungen sind sicherlich im Bereich der IT-Systeme zu finden. Zu Beginn des Jahrtausends wurden noch gedruckte Kataloge zur Recherche genutzt – wer also einen Autor wie Andrzej Szczypiorski suchte, musste seinen Namen schon genau kennen. Heute ist der Zugang zu Informationen dank digitaler Systeme und Datenbanken viel einfacher (und schneller) geworden.

Auch das Internet und der Online-Handel haben den Markt stark beeinflusst. Kund:innen sind informierter und beziehen Informationen und Bücher über verschiedenste Kanäle. Buchhandlungen haben darauf reagiert, indem sie nicht nur ihr Sortiment, sondern auch ihr Serviceangebot erweitert haben. Dadurch hat sich der stationäre Buchhandel neu positioniert und bleibt ein wichtiger Ort für Austausch, Inspiration, Beratung und Kauf.

Ich habe Buchhandel aus vielen Perspektiven erlebt. Genau diesen ganzheitlichen Blick möchte ich einbringen.

Frauke Hartmann

Und wie sehen Sie heute die Verlagslandschaft?

Frauke Hartmann: Bei den Verlagen ist die gestiegene Vielfalt im Programm beeindruckend. Heute gibt es eine viel breitere Auswahl an Stimmen, Themen und Perspektiven – von diverseren Autorinnen und Autoren bis hin zu mutigen inhaltlichen Experimenten. 

Gleichzeitig sind Verlage gezielter darin geworden, ihre Leserinnen und Leser anzusprechen. Durch Social Media, digitale Leseproben und direkte Interaktion mit der Community können sie heute viel präziser herausfinden, welche Geschichten und Formate gefragt sind.

Zuletzt haben Sie Projekte für Zeitfracht gemanagt und beispielsweise Buchhandlungen bei der Einführung von Warenwirtschaftssystemen intensiv begleitet und unterstützt. Was haben Sie dabei über den Buchhandel gelernt, was Sie bis dahin noch nicht wussten?

Frauke Hartmann: Durch meine Arbeit habe ich viele Buchhandlungen in allen Bundesländern und auch in Österreich kennengelernt. Dabei wurde mir noch bewusster, wie vielseitig und individuell der Buchhandel ist – und gleichzeitig, wie ähnlich sich viele Herausforderungen gestalten.

Die Digitalisierung ist in allen Bereichen ein großes Thema, aber jede Buchhandlung geht ihren eigenen Weg. Besonders beeindruckt hat mich, wie viel Herzblut in die Gestaltung der Läden, die Kundenbindung und die Sortimentsauswahl fließt. Und nicht zuletzt habe ich gelernt, dass es für jede Herausforderung im Buchhandel eine kreative Lösung gibt – oft mit viel persönlichem Engagement. 

Kann auch der Dreiländerverband mit seinen Mitgliedern von Ihrem tiefen Einblick in IT und Warenwirtschaft profitieren?

Frauke Hartmann: Das würde ich mir natürlich sehr wünschen – sei es beim großen Thema E-Rechnung oder bei der digitalen Infrastruktur insgesamt. Gleichzeitig liegt mir aber am Herzen, den Fokus nicht nur auf IT zu richten. Ich habe den Buchhandel aus vielen Perspektiven erlebt. Genau diesen ganzheitlichen Blick möchte ich einbringen.

Und, das ist sicherlich nichts Neues: Die besten Gespräche beginnen oft mit dem Austausch über ein gutes Buch.

Worauf freuen Sie sich bei Ihrer neuen Aufgabe am meisten – und wovor haben Sie vielleicht auch Respekt?

Frauke Hartmann: Viele Themen sind mir bereits vertraut, in andere werde ich mich intensiv einarbeiten – genau das finde ich spannend an meiner neuen Aufgabe. Respekt habe ich vor der Vielfalt der Herausforderungen, aber gerade darin liegt ja auch der Reiz: gemeinsam mit den Mitgliedern und den Kolleg:innen im Verband Lösungen zu erarbeiten, die Verlage und Buchhandel stärken und für die Zukunft wappnen.

Ich kenne bereits einige Mitglieder aus dem Dreiländerverband und freue mich darauf, die vielen anderen kennenzulernen. Auch die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen aus den weiteren Landesverbänden ist bereits angelaufen – ich bin gespannt auf die gemeinsamen Projekte und den Austausch unter dem großen Börsenvereinsdach.

Was steht auf Ihrer Prioritätenliste ganz oben?

Frauke Hartmann: Erst einmal eine schnelle und intensive Einarbeitung – damit ich möglichst rasch mit den Mitgliedern, mit den Partnern und auf politischer Ebene mit den Ministerien ins Gespräch kommen kann. Der Austausch ist für mich essenziell, um gezielt an den Themen zu arbeiten, die den Verband und seine Mitglieder voranbringen. Auf jeden Fall bin ich in meinem Traumjob angekommen - mit einem wunderbaren, engagierten Team in der Wiesbadener Geschäftsstelle.