Teil 6 der Börsenblatt-Serie zur Unternehmensnachfolge

So finden Sie ernsthafte Interessenten für Ihren Verlag

17. Juni 2022
Redaktion Börsenblatt

Der Transaktionsberater Dieter Durchdewald erklärt unter Mitarbeit von seinen BerlinHorizonte-Teamkolleg:innen in einer Börsenblatt-Serie in 12 Artikeln, worauf man bei der Übergabe von inhabergeführten kleineren und mittleren Verlagen achten muss und was in jeder der sechs Phasen entscheidend ist. Erfahren Sie im 6. Teil, wie Sie am besten und einfachsten ernsthafte Interessenten finden.  

Käufer-Profil entwickeln und Liste möglicher Kaufinteressenten erstellen

Beispiel: Eine ältere Verlegerin kommt mit dem Wunsch auf den Transaktionsberater zu, sie bei der Übergabe Ihres Unternehmens an zwei junge Führungskräfte zu begleiten. Der Berater ist beauftragt, den Unternehmenswert zu bestimmen und die Verhandlungen zu moderieren. Nach dem ersten Sondierungstermin steht fest, dass nur noch eine der beiden Personen tatsächlich deutliche Kaufabsichten hat. Und nachdem die Unternehmerin ihre Kaufpreisvorstellung beim zweiten Gesprächstermin zum ersten Mal deutlich zum Ausdruck bringt, springt auch die zweite Person nach kurzer Bedenkzeit ab.

Dieses stark vereinfacht dargestellte Beispiel – die Realität ist oft viel komplexer - soll deutlich machen, dass die Verlegerin nicht nur ein Eisen im Feuer haben sollte, wenn sie beginnt, die Nachfolge konkret zu planen. Es gilt, frühzeitig abzuklären, ob das Kaufinteresse von Mitarbeitenden tatsächlich ernsthaft ist und auch ganz deutlich die Verkaufspreisvorstellung zu äußern  – Enttäuschung und Frustration sind sonst auf beiden Seiten vorprogrammiert.

 

Diese Fragen sollten Sie klären

Ob internes oder externes Kaufinteresse, setzen Sie nicht alles auf ein Pferd. Es ist ratsam mehrere Kaufinteressenten anzusprechen und mehrere Optionen zu prüfen.

Deshalb ist es günstig, ein Käuferprofil zu erstellen und eine Liste mit infrage kommenden Übernahmekandidaten zu erstellen. 

Um potenzielle Kaufinteressenten zu identifizieren, stellen Sie sich am besten folgende Fragen:

  • Wer könnte sich für meinen Verlag interessieren? Hat sich jemals jemand entsprechend geäußert?
  • Gibt es Mitbewerber, für die mein Verlagsprogramm eine gute Ergänzung darstellen könnte?
  • Gibt es Verlage mit komplementären Programmen, die ihr Portfolio eventuell erweitern wollen?
  • Kommt ein Gründer (ggf. auch branchenfremd) in Frage, der auf eine bereits bekannte Marke und ein eingeführtes Programm aufbauen könnte?
  • Eignet sich mein Verlag für private oder institutionelle Investoren?

 

 

Unternehmensexposé entwerfen

Das Unternehmensexposé oder auch Unternehmensdarstellung und Executive Summery genannt ist zu vergleichen mit einem Exposé beim Wohnungskauf. Es ist für das weitere effektive Vorgehen unerlässlich, vor allem wenn mehrere Kaufinteressenten angesprochen werden sollen und verfolgt das Ziel, den Interessenten neugierig zu machen und dessen Kaufinteresse zu wecken.

Aus Erfahrung wissen wir, dass eine umfassende und professionell erstellte Verkaufsinformation den Verkaufsprozess erheblich beschleunigt und die Beantwortung vieler Rückfragen erspart.

Die Unternehmensdarstellung ist ein Marketinginstrument und daher entsprechend textlich und formal aufzubereiten. Die Darstellung sollte werbend sein, aber nicht übertrieben, nicht episch und trotzdem substanziell und sämtliche Informationen enthalten, die zur ersten groben Einschätzung beitragen und dem Kaufinteressenten eine erste Orientierung geben. Das Ziel eines Exposés ist es also, umfassend zu sein, ohne zu sehr ins Detail zu gehen, trotzdem vollständig und keine „dunkle“ Seite des Unternehmens zu verschweigen. Denn lückenhafte Unterlagen führen meist dazu, dass spätestens in der Due Diligence Phase, wenn die betriebswirtschaftliche und steuerliche Seite vom Interessenten intensiv geprüft wird, das „Überraschende“ zu Tage tritt, was dann die Verhandlungen negativ beeinflussen kann.

Der Aufwand für das Erstellen des Exposés lohnt sich in jedem Fall. Bedenken Sie,
1. dass Sie die vom Kaufinteressenten gewünschten Informationen und Daten ohnehin zusammenstellen müssen
2. dass höchstwahrscheinlich mehrere Kaufinteressenten die Basisinformation benötigen
3. dass in der ersten Kontaktphase ein allgemeiner Überblick zur Prüfung für den Kaufinteressenten ausreicht und Sie noch keine sensiblen Daten übergeben müssen.

Außerdem lässt sich daraus gegebenenfalls auch ein anonymisiertes Kurz-Exposé, ein Teaser, erstellen, falls Sie das Angebot breit (z. B. über Plattformen) streuen möchten.

 

Inhalt und Aufbau eines Unternehmensexposés

Das Exposé sollte die folgenden 13 Elemente enthalten:  

  • Unternehmensprofil (Wer sind wir und was machen wir)
  • Unternehmenshistorie und -entwicklung
  • Organisations- und Personalstruktur (Anzahl Mitarbeitende, Rechtsform etc.)
  • Geschäftsmodell, Leistungsspektrum und Wertschöpfung
  • Betriebswirtschaftliche Kennzahlen (Umsatzentwicklung und BWA-Kennzahlen der letzten 3 - 5 Jahre prozentual)
  • Titelhitliste (Top-20 Vorjahr und laufendes Jahr) und wichtige Backlisttitel mit Abbildungen
  • Mitbewerbersituation
  • Marketing und Vertrieb (Medienarbeit extern/intern, Auslieferung D-A-CH, Vertriebsorganisation, Vertriebswege)
  • Lieferanten- und Kundenstruktur (anonymisiert)
  • SWOT-Analyse (Stärken und Schwächen)
  • Verkaufsgrund
  • Preisvorstellung und Besonderheiten für eine Transaktion (Verhandlungsbasis-Preis, Art der Kaufpreiszahlung, Weiterbeschäftigungsgarantien)
  • Kontakt und Ansprechpartner

Frage: An wen gebe ich das Exposé weiter?

 

Interessenten akquirieren

Sobald das Exposé vorliegt, kann die Eigentümerin die Information zum Verkauf des Verlagsunternehmens streuen. Jetzt kann sie mittels ihrer generierten Interessentenliste Einzelpersonen oder Gesellschaften direkt ansprechen. Sie kann Kontakt zu Ihrer zuständigen IHK, zum Börsenverein und ihrem Landesverband aufnehmen. Sie kann zudem in einem Branchenmedium wie dem Börsenblatt und auf Online-Plattformen wie nexxt-change eine Verkaufsanzeige schalten.

Aber Vorsicht! Bitte stellen Sie sich zunächst diese Fragen:

  • Möchte ich tatsächlich meine Verkaufsabsicht öffentlich machen? Ist mir klar, was ich damit auslöse?
  • Möchte ich selbst nach einem Nachfolger suchen und die Verkaufsverhandlungen führen? Habe ich dafür ausreichend Zeit?
  • Kann ich mit frustrierenden Erfahrungen und Durststrecken gut umgehen?

 

 

In diese sechs Abschnitte gliedert sich die Übergabe eines Unternehmens

Über das Einschalten eines Transaktionsberaters nachdenken

Wenn Sie diese Fragen eher mit NEIN beantworten, sollten Sie die Aufgabe einem erfahrenen Transaktionsberater übertragen. Denn der Verkaufsprozess dauert einige Monate, wenn nicht sogar Jahre und fordert immer wieder Ihre volle Aufmerksamkeit. Mit einem Transaktionsberater an der Seite kommen Sie Ihrem Ziel meist viel schneller näher, haben deutlich weniger Aufwand und erlösen i. d. R. einen höheren Verkaufspreis.

Lassen Sie sich branchenerfahrene Transaktionsberater von Ihren Kollegen oder dem Börsenverein empfehlen. Es macht Sie wahrscheinlich sicherer, wenn Sie mindestens zwei Berater persönlich kennengelernt haben. Sie sind einen längeren Zeitraum im intensiven Austausch, deshalb unsere Empfehlung: Beauftragen Sie die Person oder Organisation, die Ihnen auf Anhieb kompetent und sympathisch erscheint.

Der Transaktionsberater kann für Sie folgende Aufgaben übernehmen:

  • Unternehmensbewertung vornehmen und Empfehlung zum Angebotspreis geben
  • Unternehmensexposé mit Ihrer Unterstützung erstellen
  • Kaufinteressenten zusammentragen und (in Abstimmung mit Ihnen) auswählen und anonymisiert ansprechen
  • Wesentliche betriebswirtschaftliche Unterlagen für die Detailprüfung (Due Diligence) zusammenstellen und in einer Cloud abrufbar machen
  • Austausch vertraulicher Unterlagen steuern und sicherstellen
  • Verkaufsverhandlungen mit Ihnen gemeinsam oder in Ihrem Namen führen
  • Den Letter of Intent vorbereiten und erstellen
  • Für den Kaufvertrag einen erfahrenen Fachjuristen hinzuziehen

 

Üblicherweise kennt Ihr M&A-Berater bereits potenzielle Kaufinteressenten, die in Frage kommen. Aber ob mit oder ohne Berater an Ihrer Seite priorisieren Sie ihre Liste der potenziellen Kaufinteres­senten. Sprechen Sie zunächst die aussichtsreichsten Kandidaten an. Besteht nach einem Erstkontakt ernsthaftes Interesse, sollten Sie schriftlich Vertraulichkeit vereinbaren. Erst wenn die Vertraulichkeitsvereinbarung vorliegt, sollten Sie das Unternehmensexposé zur Verfügung stellen.

 

 

Vertraulichkeit vereinbaren

Die Vertraulichkeitsvereinbarung oder auch NDA (Non-Disclosure Agreement) genannt, gehört zwingend zum Verhandlungsprozess. Zum einen stellen Sie dem Erwerbsinteressenten streng vertrauliche Informationen Ihres Unternehmens zur Verfügung. Zum anderen kann das frühe Bekanntwerden einer beabsichtigten Unternehmensveräußerung für beide Seiten von Nachteil sein. So könnte es z. B. bei Kunden, Lieferanten oder Dienstleistern zu Irritationen führen.

Eine Vertraulichkeitsvereinbarung regelt somit den Umgang mit auszutauschenden sensiblen Informationen zwischen Veräußerer und Erwerbsinteressent. Entsprechende Muster-Vorlagen finden Sie im Internet oder Ihr M&A-Berater erstellt diese für Sie.

 

Unternehmensexposé übergeben

Stellen Sie sicher, dass diese sensible Information den Adressaten direkt erreicht. Es ist unbedingt zu empfehlen, das Exposé und alle anderen vertraulichen Unterlagen in einem virtuellen Datenraum für den Interessenten (und andere autorisierte Personen) bereitzustellen.
Dafür eignen sich für kleinere Transaktionen z. B. Lösungen wie geschlossene Cloudbereiche, bei denen dem Interessenten ein nur für ihn und per Passwort geschützter Zugangslink übermittelt wird. Bei größeren Transaktionen können Sie für die Bereitstellung hochsensibler Unternehmensdaten die Dienstleistung darauf spezialisierter Anbieter in Anspruch nehmen.
 

Einige Regeln, wie Sie die Daten zur Verfügung stellen sollten:

  • Am besten als PDF (wenn möglich als PDF-A)
  • Wenn möglich setzen Sie zusätzlich ein Wasserzeichen ein
  • Bei Excel- und Word-Dateien ist besondere Vorsicht geboten
    • Prüfen Sie vorher die Datei nach ausgeblendeten Hinweisen, Kommentaren und löschen Sie diese.
    • Haben Sie EXCEL-Tabellen mit Formeln aufgebaut, die für den Interessenten nicht einsehbar sein sollen, wandeln Sie Formeln in absolute Werte um.
    • Erstellen Sie auf jeden Fall auch von offenen Dateien PDFs, um gegebenenfalls Änderungen erkennen zu können.

 

Im nächsten Artikel der Börsenblatt-Serie zur Unternehmensnachfolge erfahren Sie, bis zu welchem Zeitpunkt Sie sich Feedback erbitten sollten und erhalten wertvolle Tipps für das Führen der Verkaufsverhandlungen. 

 

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