Teil 7 der Börsenblatt-Serie zur Unternehmensnachfolge

So führen Sie Verkaufsverhandlungen

15. Juli 2022
Dieter Durchdewald und BerlinHorizonte

Der Transaktionsberater Dieter Durchdewald erklärt unter Mitarbeit von seinen BerlinHorizonte-Teamkolleg:innen in einer Börsenblatt-Serie in 12 Artikeln, worauf man bei der Übergabe von inhabergeführten kleineren und mittleren Verlagen achten muss und was in jeder der sechs Phasen entscheidend ist. Lesen Sie hier den spannenden Fahrplan für eine gelungene Übergabe. Hier erfahren Sie alles zur Phase 5.

Beim Verkauf von kleineren und mittleren Verlagen bietet sich eine ressourcenschonende und persönliche bilaterale Vorgehensweise an. Bieterverfahren dagegen, bei denen gleichzeitig mehrere Kaufinteressenten angesprochen werden, sind am ehesten bei größeren Transaktionen sinnvoll. Wie oben bereits erwähnt, starten Sie den Verhandlungsprozess am besten mit der aussichtsreichsten Bewerberin.

Frage: Worauf sollte ich beim Verhandeln achten?  

 

Kennenlern- und Sondierungsgespräch

Setzen Sie mit der Übergabe des Exposés an die Kaufinteressentin gleich eine Frist von zwei Wochen für das gewünschte Feedback. Fällt dieses positiv aus, sollten Sie einen persönlichen Termin mit der Kaufinteressentin vereinbaren, bei dem Sie vor allem ausloten, ob das Kaufinteresse tatsächlich ernsthaft ist. Beide Seiten sollten beim Kennenlern- und Sondierungsgespräch offen über ihre Erwartungen, Wünsche und Ziele hinsichtlich der Übertragung und Weiterführung des Verlags sprechen. Sie werden schnell merken, ob die Vorstellungen übereinzubringen sind und die „Chemie“ zwischen Ihnen stimmt.

Während oder nach dem ersten persönlichen Gespräch entsteht seitens der Kaufinteressentin meist das Bedürfnis, Detailinformationen über das Exposé hinaus zu erhalten, was verständlich ist, weil natürlich niemand die Katze im Sack kauft. Da eine zumindest grobe Einschätzung Ihres Unternehmens Voraussetzung für die Fortsetzung der Kaufverhandlungen ist, müssen Sie jetzt über die Tiefe des Einblicks entscheiden. Es ist durchaus üblich, erste Bilanzen, betriebswirtschaftliche Auswertungen oder Titel-Absatz-/Umsatzzahlen zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung zu stellen. Wenn die Grobprüfung zu einem positiven Ergebnis führt, ist üblicherweise der Letter of Intent der nächste Schritt.

Letter of Intent (LOI)

Der Letter of Intent zwischen Verkäufer und Kaufinteressentin ist eine schriftliche Absichtserklärung das Unternehmen zu erwerben. Bei einem wiederum persönlichen Gespräch werden wichtige Punkte – Stand der bisherigen Gespräche und beabsichtigtes weiteres Vorgehen – der möglichen Transaktion schriftlich festgehalten und von beiden Seiten unterschrieben.

Außerdem läutet ein LOI üblicherweise eine zeitlich fest umrissene exklusive Verhandlungsphase ein. So wird der Kaufinteressentin garantiert, dass jetzt in einem klar definierten Zeitraum nur sie am Zug ist und der Verkäufer nicht gleichzeitig mit anderen Kaufinteressenten verhandelt.

Formal handelt es sich beim Letter of Intent um eine im Vorfeld eines komplexen und wirtschaftlich bedeutenden Vertragsabschlusses abgegebene Absichtserklärung beider Seiten über die Bereitschaft einen Vertrag schließen zu wollen. Ein gut gestalteter LOI beschreibt ein Ziel und definiert klar diejenigen Punkte, über die eine Einigung angestrebt werden soll.

Kommt es im Zuge der Verhandlungen zu keiner Einigung über die genannten Themen und eine Partei bricht die Verhandlungen ab, ist in diesem Fall kein Schadensersatz geschuldet. Denn die Absichtserklärung allein begründet eben keine Verpflichtung zu einer Einigung über die Vertragsinhalte, sondern lediglich die Verpflichtung, sich darum ernsthaft zu bemühen.

Aber Vorsicht, der Letter of Intent kann u. U. nach Inhalt und Ausgestaltung einem bindenden Vorvertrag bzw. vorvertraglichen Schuldverhältnis gleichkommen! Denn meist sind Verkäufer und Kaufinteressentin bestrebt, den LOI so detailliert und konkret zu formulieren, dass dieser bereits Elemente eines Unternehmenskaufvertrages aufweist. Dies zeugt von Ernsthaftigkeit der Verhandlungen und baut im Vorfeld rechtserhebliches Vertrauen auf, das im Nachhinein jedoch zu einer Haftung führen kann, da das Gesetz an den grundlosen Abbruch von vorvertraglichen Verhandlungen Schadensersatzpflichten knüpft. Um ein solches finanzielles Risiko der Schadensersatzpflicht einzuschränken, gilt es, den LOI im richtigen Maß zu gestalten und/oder mit einer sogenannten non binding clause zu versehen, damit weder Sie noch die Kaufinteressentin schadensrechtlich belangt werden können.

 

Diese 10 Informationen sollte ein Letter of Intent enthalten

Grundsätzlich sind Inhalt und Form des LOI nicht einheitlich festgelegt. Mögliche und zweckmäßige Inhalte eines LOI im Sinne einer Absichtserklärung sind:

  • Namen der Verhandlungspartner
  • Exklusivitätsklausel
  • Beschreibung Transaktionsgegenstand
  • Termine zu weiteren Gesprächen
  • Zeitrahmen und Umfang Due-Diligence-Prüfung
  • Übergangsszenario (Gestaltung des Übergangs durch Verkäufer und Kaufinteressent)
  • Punkte, zu denen noch Einigungsbedarf besteht
  • Kaufpreisvorstellung und Verfahren zur Ermittlung des endgültigen Kaufpreises
  • Zeitlicher Ablaufplan und angestrebtes Datum für den Abschluss des endgültigen Vertrags sowie geplanter Stichtag zur Eigentumsübertragung
  • Spätester Zeitpunkt für Gesamteinigung

 

Erweiterter Teilnehmerkreis und Break-up Fees

In manchen Fällen ist es sinnvoll, wenn neben den Verhandelnden und dem Transaktionsberater gleich die Steuerberater- und/oder Fachjuristinnen beider Seiten am LOI-Termin teilnehmen. Die Erweiterung des Teilnehmerkreises durch die entsprechenden Kompetenzen kann dem zügigen Fortgang der Verhandlungen dienen. 

Bei größeren Transaktionen vereinbaren die Verhandlungspartner oft auch Break-up Fees. Dabei handelt es sich um einen pauschalisierten Schadensersatzanspruch für den Fall des Scheiterns der Verhandlungen. Die Gebühr soll u. a. den Aufwand des Verkäufers für die Bereitstellung der Informationen und die Verhandlungszeit abgelten.

In diese sechs Abschnitte gliedert sich die Übergabe eines Unternehmens

Due-Diligence-Prüfung

Wenn nach den ersten Zusammenkünften, der Grobprüfung und dem Letter of Intent das Interesse fortbesteht und Sie mit der Kaufinteressentin die Kaufverhandlungen vertiefen möchten, folgt üblicherweise die eingehende Prüfung des Kaufobjekts, die sogenannte Due Diligence.

Anekdotisch sei angemerkt, dass bis vor 20 Jahren für die Due Diligence in Verlagen oder in den in Verkauf involvierten Steuerkanzleien eine Vielzahl von Ordnern in separaten Räumen für die Prüfung bereit gestellt wurden. Vor Ort durften oft nicht einmal Kopien von Unterlagen, sondern nur Notizen gemacht werden.

Heute findet die Prüfung überwiegend in virtuellen Datenräumen mit recht hohen Zugangsschranken statt.

Folgende Informationen werden der Kaufinteressentin i. d. R. zur Verfügung gestellt

  • Allgemeine Informationen wie Image-Broschüren, Werbematerial, Audiovisuelle Angebote, Social-Media-Aktivitäten, aktueller Pressespiegel
  • Interne Informationen wie Geschäftsberichte und Unternehmensleitbild
  • Informationen zur Organisation wie Organigramm und Organisationshandbuch
  • Betriebswirtschaftliche Informationen wie Bilanzen/Jahresabschlüsse der letzten Jahre, Prüfberichte zu Jahresabschlüssen, Ergebnis der letzten Betriebsprüfung, aktuelle betriebswirtschaftliche Auswertungen (BWA), Budget-/Liquiditätsplanung und Übersicht über Rückstellungen
  • Informationen zu Rechnungswesen und Controlling: regelmäßige Auswertungen Finanzbuchhaltung und Steuerkanzlei
  • Informationen über steuerliche Risiken und Prozessrisiken
  • Unternehmenssteuerung: Programmplanungs-, Titelkalkulationsinstrumente und Verlagssoftware
  • Programmplanung der nächsten Jahre
  • Titelumsatz-/absatzlisten
  • Verträge:
    + Übersicht zu Autoren-/Buchverträgen mit Laufzeiten und offenen Garantiezahlungen

    + Lizenznehmer

    + Darlehensvereinbarungen

    + Mietvertrag

    + Freie Mitarbeiter

    + Dienstleister für IT, Auslieferungen, Vertrieb, PR

    + Verzeichnis eingesetzter und lizenzierter EDV-Programme

    + Urkunden über Registrierung der Titelrechte, Domains und Markenrechte
  • Personallisten (sollten im ersten Schritt anonymisiert werden), Lohnjournale, Pensionszusagen
  • Beschreibung der IT-Landschaft
  • Aktueller Handelsregisterauszug
  • Gesellschaftsverträge
  • Geschäftsführervertrag
  • Liste der derzeitigen Gesellschafter, auch Stille Beteiligungen

 

Prüfungsdauer festlegen und Fragen bündeln

Als Verleger sollte Ihnen immer bewusst sein, dass Sie hochsensible Daten zur Verfügung stellen und die Interessentin nach Prüfung aller sensiblen Daten trotzdem noch abspringen kann.  

Vereinbaren Sie unbedingt eine Zeitspanne für die Sichtung der Unterlagen. Je nach Prüfungsumfang kann diese vier bis sechs Wochen betragen. Und Sie sollten eingangs absprechen, wer mit wem im Prüfzeitraum kommuniziert, wer Auskunft gibt. Außerdem sollten Sie einen Rhythmus für den regelmäßigen Austausch vereinbaren.

Wenn Sie ein Transaktionsberater begleitet, kann er der erste Ansprechpartner für die Kaufinteressentin in dieser Phase sein. Er sorgt dafür, dass diese oft aufwändige Etappe nicht zu anstrengend für Sie wird. Und Sie müssen dann nicht auf jede einzelne Frage der Interessentin umgehend reagieren. Er kann Fragen bündeln und teilweise Informationen sofort zuliefern. Außerdem kann er 

  • Ihnen bei der Zusammenstellung der Daten helfen
  • die Wünsche vielleicht besser gewichten und notfalls Brücken bauen, wenn Daten nicht unmittelbar vorliegen
  • Antworten auf diffizile Fragen mit Hinweis auf „Rücksprache/Klärung mit dem Verkäufer“ auch einmal vertagen
  • auf den Zeitplan achten und gegebenenfalls daran erinnern
  • und als Mediator auf beide Seiten einwirken

 

Der erste Schuss ist nicht immer ein Treffer

Frage: Was kann ich dafür tun, damit die Verhandlungen in diesem Abschnitt nicht scheitern?

Die Due Diligence ist eine äußerst sensible Phase. Hier kommt es häufig zu Missverständnissen und Verzögerungen. Der einen Seite fehlen z. B. angeforderte Unterlagen, die andere wird ungeduldig, weil immer Neues angefragt wird. Der Erwerbsinteressentin ist der Kaufpreis nach Prüfung deutlich zu hoch, der Verkäufer beharrt aber auf einer bestimmten Summe. – Ein Abbruch der Gespräche ist nicht selten.

Frage: Wie verhalte ich mich, wenn die Interessentin jetzt abspringt?

Praxisbeispiel: Bei der Due-Diligence-Prüfung kommen der Kaufinteressentin plötzlich ganz persönliche Zweifel, ob sie das Unternehmen überhaupt übernehmen möchte und sagt dem Verleger ab. Der Verleger versteht zwar die ehrliche Begründung der Kaufinteressentin, ist aber trotzdem enttäuscht, weil er bereits viel Hoffnung, Engagement und Arbeitszeit in den Prozess investiert hatte. Trotz schlechten Gewissens auf der einen und Frustration auf der anderen Seite verabschieden sich die Verhandlungspartner am Ende freundlich. - Und siehe da, eben diese Kaufinteressentin nimmt ein paar Monate später die Verhandlungen wieder auf und erwirbt den Verlag am Ende.  

Bleiben Sie als Verkäufer bitte sachlich und konstruktiv. Und wenn´s einmal sein muss, schlucken Sie Ihren Ärger und Ihre Enttäuschung runter. In unserer kleinen Branche begegnet man sich häufig zweimal, wie das Beispiel zeigt. Und es ist leider normal, dass nicht der erste Schuss ein Treffer ist. Stellen Sie sich bitte auch auf Durststrecken ein. Zudem können wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen den Unternehmensverkauf beeinflussen und verzögern. - Auf jeden Fall hilft Geduld, Fingerspitzengefühl und Durchhaltevermögen.

Im achten Teil der Börsenblatt-Serie erfahren Sie, wann Verkäuferin und Erwerbsinteressent am besten über den Kaufpreis sprechen sollten.

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