Es geht nicht um die Empörung einer Gruppe von Aktivisten auf Social Media, sondern um die Kritik der Betroffenen. Es gibt auch keine Zensur, weil nichts verboten wurde, sondern nur Rücksicht genommen. Es steht auch keine Bücherverbrennung vor der Tür, weil das aus einer Diktatur hervorgegangen ist und es gerade um das Gegenteil geht - um Vielfalt, darum, allen zuzuhören und alle verstehen zu wollen.
Und dann heißt es oft, dass die Kritik ja "nur" von einer Minderheit kommt. Aber ist es nicht ein Fortschritt, dass wir auf Minderheiten hören, Rücksicht nehmen? Wachsen wir denn nicht genau so als Gesellschaft?
Und dann heißt es, kulturelle Aneignung sei doch etwas Schönes, wir essen z.B. ja auch gerne "Pizza". In der Zeit, in der man so einen schiefen Vergleich in die Kommentarspalten tippen kann, hätte man den Begriff auch einfach bei Wikipedia suchen können: "Im engeren Sinn wird als 'kulturelle Aneignung' angesehen, wenn Träger einer 'dominanteren Kultur' Kulturelemente einer 'Minderheitskultur' übernehmen und sie ohne Genehmigung, Anerkennung oder Entschädigung in einen anderen Kontext stellen.' Geschichten aus anderen Ländern sind also nicht alle automatisch kulturelle Aneignung und die Pizza auch nicht – Glück gehabt.
Ravensburger hat nach einer falschen Entscheidung die richtige getroffen (auch wenn der Grund für das Zurückziehen natürlich nicht die "negativen Rückmeldungen" sein sollten, sondern der Inhalt des Buchs). Warum sollte man einen verletzenden Inhalt publizieren, um eine Diskussion zu ermöglichen, die es ja offensichtlich auch gerade ohne das Buch gibt?
Dass Karl May ein Kind seiner Zeit war, ist keine Entschuldigung, wenn diese Zeit eine ist, in der es egal war, wie sich Menschen außerhalb des eigenen Dunstkreises fühlen, eine Zeit, in der man das noch nicht einmal mitbekommen hat.
(Alter weißer) Man(n) darf gespannt sein. ;-)
der Artikel "Im Krisenmodus" dürfte vielen Verlagen dabei helfen, mit zukünftigen Shitstorms umzugehen. Der Artikel ist eine gute Anleitung für den Umgang mit "medialen Gewittern". Dass "die Causa Winnetou" jedoch nur als Aufhänger für den Artikel dient, finde ich allerdings ziemlich fragwürdig.
Im Vergleich zu den aufgezählten Shitstorms der Branche (seit 2019), hat Ravensburger seine Bücher noch vor der Auslieferung zurückgezogen. Ein bisher einmaliger Fall, der im Nachhinein auch als Fehlentscheidung bewertet werden kann. Der Verlag ist vor einem Shitstorm eingeknickt und hat dafür einen vielfach höheren zweiten Shitstorm kassiert.
Ich hatte erwartet, dass sich das Börsenblatt um ein Interview mit dem CEO von Ravensburger bemüht, der diese Entscheidung letztlich zu verantworten hat.
Es hat jedenfalls ein Geschmäckle, wenn man den Auslöser der Debatte mit unangenehmen Fragen verschont.
Die Karawane scheint längst weitergezogen zu sein. Sind wir also gespannt, wodurch der nächste Storm ausgelöst wird und ob dann erneut Bücher vernichtet werden müssen.