Lesemotive im Weihnachtsgeschäft

Ein "Perfect Match", auch für den Buchhandel

13. Dezember 2024
Redaktion Börsenblatt

Wer ein Geschenk für einen lieben Menschen kaufen will, der sucht etwas Besonderes. Und das darf gerne mehr kosten. Warum das Lesemotiv "Entdecken" darauf einzahlt und wie es sich inszenieren lässt: Eine Analyse von Vertriebsexpertin Stephanie Lange.   

Stephanie Lange

Auch 2024 zählen Bücher zu den beliebtesten Geschenken, laut Statista bedienen sich 33 Prozent gerne aus diesem Segment. Als Händlerin konnte ich viele Jahre erleben, wie der Wunsch, das richtige Geschenk für jemanden zu finden, die Bereitschaft beeinflusst, dafür tiefer in die Tasche zu greifen.

Damit ist nicht gemeint, dass man in diesen Momenten Kundinnen und Kunden teure Bücher „aufschwatzen“ sollte, sondern dass der Ladenpreis zu einem weiteren, positiven Argument für den Kauf wird – einfach weil der Wert des Buches zugleich die Wertschätzung für den zu Beschenkenden ausdrückt. Das besondere Geschenk eben!

Die Zahlen dazu: Im November und Dezember 2023 erlöste der Sortimentsbuchhandel inklusive E-Commerce mit allen verkauften Büchern laut Media Control einen Durchschnittspreis von 16,21 Euro. Die ersten Monate des gleichen Jahres (Januar bis Oktober 2023) brachten es „nur“ auf einen Durchschnittspreis von 15,13 Euro. Die „Geschenkezeit“ hat also gut einen Euro mehr in die Kassen gespült.

Wir beklagen seit Jahren einen Rückgang bei Buchkäuferinnen und Buchkäufern. Meine Erfahrung als Händlerin ist, dass dies auch unsere treue Stammkundschaft beklagt. In ihrem Bekanntenkreis springt sie geradezu missionarisch für die entspannende Wirkung des Lesens und das Buch im Allgemeinen in die Presche.

Das Lesemotiv „Entdecken“ macht nicht nur Beschenkte und Schenkende glücklich. Denn Bücher, die dieses Lesemotiv bedienen, liegen im Ladenpreis deutlich über dem Mittelwert der jeweiligen Warengruppe.

Stephanie Lange

Die Lesemotiv-Studie (mehr dazu hier) hat vor einigen Jahren klar herausgearbeitet, dass Menschen aufhören zu lesen, wenn sie wiederholt schlechte Erfahrungen mit Büchern gemacht haben, da diese nicht zu ihrem Lesebedürfnis (dem Lesemotiv) passten. Es scheint also nicht einfach zu sein, wenn man versucht für seine Liebsten das „perfect match“ zu finden: das richtige Buch im richtigen Moment zum richtigen Thema. Das gilt erst recht, wenn man ein Geschenk für einen Nicht-Leser sucht.

Hier eröffnet das Lesemotiv „Entdecken“ eine echte Chance – denn es ist das Motiv, das für den stimulierenden, inspirierenden Teil der nicht-fiktionalen Literatur steht. Die Definition lautet: Das Bedürfnis nach Unbekanntem, das Lust auf Neues macht und inspiriert (mehr über die Lesemotive und ihre Definitionen lesen Sie hier).

Bücher, die dieses Bedürfnis bedienen, wollen überraschen, die kreative Seite wecken oder in fremde Themen, Länder, Techniken, Lebensweisen entführen. Sie kommen mit einem Angebot daher, sich aufzumachen und verführen zu lassen, ohne auf (Vor-) Bildung zu beharren.

Gerade beim Schenken will man nichts falsch machen und da kommt ein leichtes Angebot ohne Zwänge gut an. Auf Grund der großen Themenvielfalt in diesem Buchsegment findet man einfach immer das passende Geschenk.

Die Länderküche ist ein gutes Beispiel

Und jetzt kommt die gute Nachricht für den Handel: Das Lesemotiv „Entdecken“ macht nicht nur Beschenkte und Schenkende glücklich. Denn Bücher, die dieses Lesemotiv bedienen, liegen im Ladenpreis deutlich über dem Mittelwert der jeweiligen Warengruppe. Das liegt an der qualitätvollen Ausstattung, die diese Titel häufig ausmachen: Oft sind es Hardcover mit einem opulenten Bildteil. Wie gemacht zum Verschenken. Schönstes Beispiel: Die vielen Bücher zu den Länderküchen dieser Welt, die als Mischung aus Reportage, Landeskunde und Rezepten daherkommen.

Wir bemühen noch einmal Media Control, um diese Behauptung zu überprüfen: In der Warengruppe Ratgeber (HWG 4) weisen die „Entdecken“-Titel im Verkauf (Sortimentsbuchhandel inklusive E-Commerce, November und Dezember 2023) einen durchschnittlichen Ladenpreis von 21,11 Euro auf und liegen damit 2,72 Euro über dem Gesamtdurchschnitt. Im Sachbuch (HWG 9) sind es 1,84 Euro mehr bei einem Durchschnittspreis von 20,29 Euro.

Auch wenn das etwas zu optimistisch sein mag: Jetzt multiplizieren wir einmal diese zwei Euro mehr mit der Hälfte der Bons im Weihnachtsgeschäft und freuen uns über einen veritablen Umsatzzuwachs.

Präsentation mit Umsatzgarantie

Das Lesemotiv allein schafft allerdings noch keine Orientierung oder Impulskäufe, auch die Präsentation im Laden muss stimmen. Sie wird zwar in erster Linie nach inhaltlichen Kriterien aufgebaut, trotzdem kann man sich wunderbar bei den Lesemotiven und dem Wissen über das entsprechende Bedürfnis bedienen. Wie wäre es etwa mit folgenden Aktionstischen oder Schaufenstern unter der Überschrift:

  • „Entdecke deine Heimat“ für regionale Bücher,
  • „Entdecke fremde Welten“ für Bücher über ferne Länder,
  • „Entdecke die Töpfe der Welt“ für Themen- und Länderküche,
  • „Entdecke neue Seiten an dir“ für Bücher zur Persönlichkeitsentwicklung,
  • „Entdecke die Kreativität in dir“ für Bücher aus dem Bereich Hobby, DIY

Ein Best-Practice-Beispiel von der Schmargendorfer Buchhandlung in Berlin: Inhaberin Sabine Kahl war hier auf der Suche nach Titeln für eine seltene Zielgruppe im Buchhandel: Männer! Dafür wählte sie passende Entdecken-Titel verschiedener Warengruppen und präsentierte sie unter dem Titel: „Explore the unknown – nur für euch Männer.“ Es war ein großer Publikums- und Umsatzerfolg.