"Wir wollen zeigen, was Bücher alles können"
Ausstellung, Programm, Outfit: Die Stuttgarter Buchwochen legen in diesem Jahr einen Neu-Auftritt hin. Tom Erben, Geschäftsführer beim Landesverband Baden-Württemberg, über Pläne und Zielmarken.
Ausstellung, Programm, Outfit: Die Stuttgarter Buchwochen legen in diesem Jahr einen Neu-Auftritt hin. Tom Erben, Geschäftsführer beim Landesverband Baden-Württemberg, über Pläne und Zielmarken.
Sagen wir so: Wir sind dabei, sie neu zu erfinden – Corona ist dafür eher Anlass als Ursache. Die Buchwochen finden zum 73. Mal statt und sind eine große Erfolgsgeschichte, die sich ansonsten nur noch mit der Münchner Bücherschau vergleichen lässt. Die Funktion solcher Buchausstellungen hat sich jedoch im Lauf der Jahrzehnte verändert. Leser:innen können sich heute bestens im Internet über Bücher informieren. Darauf müssen wir reagieren und das Live-Erlebnis noch stärker in den Mittelpunkt rücken. Genau darin liegt nach der Corona-Krise eine große Chance: Die Menschen haben enorme Lust auf Austausch und persönliche Begegnung.
Ja, am Tag der Eröffnung, dem 16. November, feiern wir zum Beispiel das 225-jährige Jubiläum des Herder Verlags. Dazu werden wir Prominenz einladen – und alle, die in Stuttgart mit Büchern zu tun haben. Abgesehen vom immer ausgebuchten Schulklassenprogramm bieten die Buchwochen zusätzlich 30 hochkarätige Veranstaltungen an. Sie sollen wieder mehr Strahlkraft in der Stadt entwickeln: mit Gästen wie Yael Adler, Denis Scheck, Sasha Filipenko, Matthias Politycki und Maren Kroymann, die aus Büchern der Literaturnobelpreisträgerin Annie Erneaux liest – aber auch durch Partnerschaften mit anderen Institutionen in Stuttgart wie dem Literaturhaus. Zusammen mit der Israelitischen Religionsgemeinschaft laden wir zu einem Abend mit dem Autor Michel Bergmann ein.
Wir integrieren Themeninseln als Ankerpunkte der Inszenierung und Emotionalisierung – ähnlich wie Thementische im Buchhandel. Und wer in Ruhe lesen will, der findet im Ausstellungsbereich kleine Lounge-Ecken.
Die Schwerpunktthemen in der Ausstellung, Nachhaltigkeit, Gesellschaft und Gesundheit, verknüpfen wir durch Themensonntage mit dem Veranstaltungsprogramm der Buchwochen. Passend zum KulturPass wird es auch einen Themenabend mit Schreibworkshops rund um New-Adult-Bücher geben. Hinzu kommen umfangreiche Präsentationen mit Bestenlisten, etwa zum Deutschen Buch- und Sachbuchpreis, zur SWR-Bestenliste, zum Deutschen Selfpublisher-Preis. Auch der Deutsche Fotobuchpreis meldet sich wieder in Stuttgart zurück. Und das »Schweizer Zimmer« findet nach dem erfolgreichen Start 2022 zum zweiten Mal statt.
Die Ausschreibung haben wir erstmals mit der Münchner Bücherschau gebündelt. Auch bei der Programmgestaltung stimmen wir uns mit dem Team des Landesverbands Bayern ab, um den Aufwand zu reduzieren – etwa, indem wir Autor:innen gemeinsam buchen. Um die Akquise kümmert sich die Münchner Agentur Ehrlich & Anders: Sie will Verlage davon überzeugen, dass sie sowohl in München als auch in Stuttgart vertreten sein können. Außerdem investieren wir durch Social Media und verstärkte Pressearbeit in die digitale Reichweite der »kleinen Stuttgarter Buchmesse«. Wer dabei sein will: Die Anmeldefrist läuft noch bis Ende Juni.
Da stoßen wir auf offene Ohren und Herzen – und auf die Bereitschaft, uns mit prominenten Autor:innen zu unterstützen. Im vergangenen Jahr waren über 150 Verlage dabei. Ich hoffe, dass wir bei der Ausstellerzahl um zehn Prozent zulegen können. Mit dem Kosmos Verlag führen wir gerade Gespräche über eine Sonderpräsentation, außerdem möchten wir Bücher aus unabhängigen Verlagen präsentieren.
Wir profitieren von einer Kooperation mit dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg, das uns Räume, Technik und weitere Sachleistungen zur Verfügung stellt. Dadurch können wir die Preise halten. Außerdem haben wir ein kleines Polster aus der Corona-Zeit, als die Buchwochen nur eingeschränkt stattfinden konnten.
Zum Beispiel Gesundheit, Gesellschaft und Nachhaltigkeit! Wir wandeln den Slogan passend zu unseren Schwerpunktthemen ab. Das eignet sich hervorragend auch für unsere Social-Media-Kampagnen. Indem wir zeigen, was Bücher alles können, erreichen wir junge, neue Zielgruppen und zugleich das Stammpublikum. Die Buchwochen bieten Orientierung für den Bücherwunschzettel und sind damit nach wie vor ein immens wichtiger Impulsgeber für das Weihnachtsgeschäft im Buchhandel.
Die Karlsruher Bücherschau haben wir »geparkt« – was auch daran liegt, dass eine Unterstützung der Stadt weggefallen ist. In diesem Jahr liegt unser Fokus auf Stuttgart. Sind wir hier erfolgreich, steigen auch die Chancen für die Wiederbelebung der Karlsruher Bücherschau.
Wir wollen die Besucherzahlen, die schon vor Corona zurückgegangen sind, signifikant steigern. Ich bin überzeigt, dass unsere vielen neuen Puzzleteile dazu beitragen. Übrigens sehe ich persönlich die Stuttgarter Bücherschau auch als Form der Nachwuchsförderung: Vor (ziemlich) vielen Jahren habe ich als Besucher der Buchwochen den Entschluss gefasst, in der Buchbranche arbeiten zu wollen. Die Stuttgarter Buchwochen – das war für mich die große Welt der Literatur, der Bücher, der Autorinnen und Autoren. Auch da wollen wir wieder hin!