"Kooperationen sind ein Geben und Nehmen"
Kooperation macht stark: Wie kleinere Verlage und Indie-Buchhandel zusammenfinden – darüber diskutieren hier Karina Lotz von der Edition Federleicht und Julia Erlen von der Buchhandlung Winnemuth.
Kooperation macht stark: Wie kleinere Verlage und Indie-Buchhandel zusammenfinden – darüber diskutieren hier Karina Lotz von der Edition Federleicht und Julia Erlen von der Buchhandlung Winnemuth.
Julia Erlen: Gute Konditionen sind wichtig, keine Frage. Vor allem aber kommt es darauf an, dass die Kooperation für beide Seiten sinnvoll ist. Das Verlagsprogramm muss zu unserer Buchhandlung, zu unserem Angebot, zu unserer Kundschaft passen. Wichtig sind auch die übrigen Rahmenbedingungen: Können wir Titel zurückschicken, gibt es Werbematerial und besondere Unterstützung vor Ort? Eine Kooperation muss ein Geben und Nehmen sein.
Karina Lotz: (lacht) Natürlich, dass sie meine Bücher ins Schaufenster stellen! Aber im Ernst: Ich würde mir wünschen, dass der Buchhandel kleinere, regionale Verlage zumindest wahrnimmt. Dass er sich Programme und Bücher anschaut und überlegt, was ins Sortiment passen könnte. Und ich wünsche mir Offenheit. Eine Buchhandlung sollte ehrlich sagen: Ja, das nehm ich gern – oder nein, das passt nicht zu uns.
Julia Erlen: Zu uns kommen immer wieder Selfpublisher und Autor:innen aus der Region, um ihre Bücher vorzustellen. Darüber freuen wir uns, denn wir haben eine ausbaufähige Regionalecke und sind wirklich offen für Neues. Was zu uns passt und neben einem lesenswerten Inhalt auch noch attraktiv aufgemacht ist, darf bleiben. Wir sagen aber auch freundlich und klar, wenn ein Buch nicht zu uns und unserer Marke passt. So viel Ehrlichkeit muss sein.
Julia Erlen: Unbedingt! In den vergangenen Jahren waren wir noch sehr mit uns selbst beschäftigt. Ich habe die Buchhandlung 2020 übernommen, zu Beginn der Corona-Krise. 2022 haben wir dann gegenüber einen eigenen Kinder- und Jugendbuchladen eröffnet. Jetzt, ein Jahr später, ist Zeit für neue Projekte, und wir möchten regional stärker Flagge zeigen. Beispielsweise will ich ein regionales Schaufenster gestalten, um Autor:innen und Verlagen aus Niedersachsen und Nordhessen eine Bühne zu geben.
So wie Verlage bekannte und unbekannte Autor:innen ins Programm heben, sollten wir den Büchern aus kleineren wie aus größeren Häusern eine Chance geben.
Julia Erlen, Buchhandlung Winnemuth, Hannoversch Münden
Julia Erlen: Wir verkaufen viele Radkarten. Hier versuchen wir in der Tat, eher Produkte regionaler Verlage ins Sortiment zu nehmen. Auch Krimis, die in der Region spielen, etwa in Kassel oder Göttingen, bieten wir an.
Julia Erlen: Dann muss es an anderer Stelle ins Sortiment passen. Generell gilt: Ein Titel sollte immer gut geschrieben sein, ob er nun aus einem Konzern- oder einem Kleinverlag kommt. Ich habe mir fest vorgenommen, künftig stärker auf die Verlagsprogramme aus der Region zu achten, auch wenn das bei der Fülle nicht ganz leicht ist. Aber vielleicht müssen wir Buchhandlungen eine ähnliche Mischkalkulation betreiben wie Verlage: So wie sie bekannte und unbekannte Autor:innen ins Programm heben, sollten wir den Büchern aus kleinen wie aus großen Häusern eine Chance geben.
Karina Lotz: Ein kleiner Verlag wird im Netz kaum wahrgenommen. Beim Thema Sichtbarkeit ist der lokale Buchhandel für uns enorm wichtig.
Ich würde mir wünschen, dass der Buchhandel kleinere, regionale Verlage zumindest wahrnimmt - und überlegt, was ins Sortiment passen könnte.
Karina Lotz, Edition Federleicht
Julia Erlen: Auf jeden Fall. Gerade, wenn es um Bücher geht, die eher ein Nischenthema bedienen. Da verliebt man sich manchmal erst in ein Buch, wenn man es wirklich in den Händen hält. Ist einem dann noch der Mensch hinter dem Verlagsprogramm sympathisch – umso besser. Kann ein Verleger, eine Verlegerin Leidenschaft für die eigenen Bücher vermitteln, dann überträgt sich diese Begeisterung auf uns, und wir wiederum können sie an unsere Kundschaft weitergeben.
Karina Lotz: Autor:innen aus der Region haben den klaren Vorteil, dass sie die Menschen dort kennen. Viele werben aktiv für ihr Buch, durch Lesungen in Buchhandlungen, Bibliotheken, Gemeindehäusern. Oft besser als wir das können.
Karina Lotz: Zuallererst ist es ein Fest für unsere Autorinnen und Autoren. Aber natürlich laden wir auch Publikum ein, darunter Buchhändler:innen. Wer sich für Literatur interessiert, kann den ganzen Tag über Lesungen erleben, über Romane und Lyrik reden und sich bei den Häppchen am Büfett bedienen. Es gibt also Nahrung für Geist und Körper. Unser nächstes Sommerfest findet übrigens am 17. September in Fuldatal statt. Julia Erlen ist schon mal eingeladen …
Karina Lotz: Ja, auch da gibt es ein kulinarisches Begleitprogramm, denn beim Essen kommen Menschen ins Gespräch. 2022 fanden die »Literarischen Häppchen« in der Johanniskirche im Frankfurter Stadtteil Bornheim statt, mit zwölf Autor:innen aus hessischen Indie-Verlagen und mit Kunst, Musik, Literatur.
Karina Lotz: Definitiv. 80 Gäste sind gekommen, eine Buchhandlung aus Bornheim hat den Büchertisch betreut und alle Titel auch im Laden präsentiert. Die Presse hat berichtet.
Julia Erlen: Natürlich ist es gut, wenn solche Veranstaltungen direkt mit einem Verkaufserfolg verbunden sind. Aber kulturelle Angebote können auch einen langfristigen Mehrwert haben. Wir haben Anfang des Jahres im Welfenschloss von Hannoversch Münden Novitäten vorgestellt – noch drei Monate später haben Leute nach den Büchern gefragt.
Karina Lotz: Genau. Ich besuche viele regionale Messen. Oft weiß man vorher nicht, ob man mit den Buchverkäufen überhaupt die Standgebühr wieder reinholt, doch dafür bekomme ich viel hilfreiches Feedback vom Lesepublikum. Und nach und nach entsteht ein enormes Netzwerk, auch mit anderen Verlagen und dem Buchhandel.