"Mit großer Sorge sehen wir, die Jury der Hotlist 2024, die aktuellen Entwicklungen in der Welt der unabhängigen Verlage", beginnt der Appell. Immer mehr dieser Verlagshäuser stünden vor dem wirtschaftlichen Aus, wie jüngst etwa die medialen Hilferufe von Verlagen wie der Edition Nautilus, des Korbinian und des Hirnkost Verlags verdeutlichten. "Viele Verlage kürzen aus finanziellen Gründen still ihre Programme, setzen sie aus oder stellen die Verlagstätigkeit ganz ein."
Sie weisen in ihrem Appell auf die BKM-Studie von 2021 zu staatlichen Fördermaßnahmen des deutschen Verlagswesens hin, die insbesondere kleine und unabhängige Verlage in ihrer Existenz gefährdet sieht. Empfohlen wurde als Gegenmaßnahme eine strukturelle Verlagsförderung.
"In der Schweiz und in Österreich existiert eine solche Unterstützung seit vielen Jahren, in Deutschland wurde sie bislang noch immer nicht umgesetzt. Und das, obwohl hier jeder vierte Verlag die aktuelle wirtschaftliche Lage seines Unternehmens als schlecht bewertet." Dabei bezieht sich die Hotlist-Jury auf eine Umfrage des Netzwerks "Schöne Bücher" unter 100 kleinen Verlagen.
"Im September 2024 wurden die Ergebnisse einer Studie veröffentlicht, wonach besonders die unabhängigen Häuser durch die Folgen von Corona und des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine einen signifikanten Umsatzrückgang zu verzeichnen hatten. Die gestiegenen Papierpreise, die Kaufzurückhaltung aufgrund der Inflation und die Krise des Einzelhandels in den Innenstädten schlagen bei den Indie-Verlagen viel stärker zu Buche als bei den großen Häusern."
Sicher seien Verlage Wirtschaftsunternehmen, die sich am Markt behaupten müssen. "Aber ebenso leisten sie einen besonderen Beitrag zu einer demokratischen und pluralistischen Meinungsbildung. Durch ihre spezifischen Themen, ästhetischen Ansätze und ihren Mut, auch weniger verkäuflichen Stimmen ein Gehör zu verschaffen, bilden sie ein wichtiges Korrektiv zu den kommerzieller ausgerichteten Konzernverlagen. Marginalisierte Gruppen, unpopuläre Meinungen und avantgardistische Sprechweisen erhalten in den Büchern aus unabhängigen Verlagen Raum. Verschwinden die Indies, verstummen auch diese Stimmen."