Interview mit Claudia Roth

"Den sehr konstruktiven Austausch fortsetzen"

30. Oktober 2024
von Christina Schulte

Kulturstaatsministerin Claudia Roth über die Zukunft des KulturPasses, den runden Tisch und die Studie zum E-Lending und ihren Besuch auf der Frankfurter Buchmesse.

Claudia Roth

Claudia Roth

Sie waren in der vorvergangenen Woche auf der Frankfurter Buchmesse. Was war für Sie dort besonders beeindruckend?  

Claudia Roth: Die unglaubliche Vielfalt auf unserem Buchmarkt. Bei meinem Rundgang über die Buchmesse ist mir erneut klargeworden, dass gerade die kleinen und unabhängigen Verlage mit ihrem großen Engagement sehr viel zu dieser Vielfalt und zu diesem Reichtum und beitragen. Deshalb war es mir sehr wichtig, 84 dieser Verlage während der Buchmesse mit dem Deutschen Verlagspreises auszuzeichnen und damit auch in diesem Jahr ein klares Zeichen der Anerkennung zu setzen. Ich habe mich auch sehr darüber gefreut, dass die Ukraine wieder mit einem großen Stand vertreten war. Dadurch konnten erneut viele Menschen die hochinteressante Literaturszene der Ukraine kennenlernen. Das ist gerade jetzt wichtig, wo die kulturelle Identität mit dem russischen Angriffskrieg gezielt attackiert wird. Es hat mich dabei sehr berührt, dass am Stand der Ukraine auch Bücher mit Brandspuren ausgestellt wurden, die das Ergebnis eines russischen Angriffs auf eine Druckerei in Charkiw sind.“

Der KulturPass war ein großes Thema auf der Messe. Die Buchbranche profitiert sehr davon, weil er junge Menschen in die Buchhandlung bringt und für das Lesen begeistert. Wie geht es mit dem Kulturpass weiter?

Claudia Roth: Der KulturPass hat inzwischen über 425.000 Nutzerinnen und Nutzer, und viele von ihnen verwenden ihr Budget für Bücher. Das freut mich sehr. Deshalb werden wir den KulturPass fortführen. Dazu bauen wir unsere Netzwerke auch in die Privatwirtschaft aus. So haben wir zum Beispiel mit den Sparkassen einen sehr wichtigen Partner gefunden, mit dem wir einen noch breiteren Zugang zum KulturPass ermöglichen können. Letztendlich hängt aber auch viel vom Bundeshaushalt 2025 ab. Ich setze mich dafür ein, dass der KulturPass dort weiterhin die nötige Unterstützung erhält.

Das Thema E-Book-Leihe in öffentlichen Bibliotheken ist seit Jahren Gesprächsthema zwischen Verlagen, Urheber:innen und Bibliotheken und auch die Bundesregierung hat Interesse an fairen Bedingungen. Sie haben vor zwei Jahren zu diesem Thema einen runden Tisch einberufen, um gemeinsam mit den Beteiligten Lösungswege zu erarbeiten. War Ihre Initiative erfolgreich und welche Ergebnisse wurden bislang an diesem runden Tisch erzielt?

Claudia Roth: Der Runde Tisch war sehr wichtig. Denn damit haben wir es geschafft, dass Vertreterinnen und Vertreter von Autoren, Übersetzern, Verlagen und Bibliotheken alle an einem Tisch sitzen und gemeinsam über das Thema sprechen. Dieser Austausch hat uns alle weitergebracht. Ein Ergebnis ist eine umfangreiche Studie, die seit Anfang September vorliegt. Dadurch haben wir eine wissenschaftlich fundierte Grundlage zum Thema E-Lending geschaffen. Ein weiterer Erfolg unseren Runden Tisches besteht darin, dass sich alle Beteiligten auf Empfehlungen zum E-Lending einigen konnten.

Mit der vorgelegten Studie zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der E-Leihe liegen nun erstmals gesicherte Daten vor. Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie aus den Studienergebnissen?

Claudia Roth: Ein Knackpunkt war immer, dass E-Books meistens nicht zum Erscheinungstermin, sondern erst verzögert in die Bibliotheken kommen. Die Studie liefert nun erstmals Zahlen und Fakten zur wirtschaftlichen Bedeutung dieser Schutzfrist für den Buchmarkt – also für Autorinnen und Autoren, Übersetzerinnen und Übersetzer, Verlage und Buchhandel. Zudem enthält die Studie weitere wichtige und interessante Erkenntnisse zu E-Books in Bibliotheken: Wie intensiv werden sie genutzt und von wem? Welchen Einfluss hat das E-Lending auf das Kaufverhalten der Bibliotheksnutzenden?

Wie geht es jetzt weiter?

Claudia Roth: Wir haben die Empfehlungen, die beim Runden Tisch entstanden sind, in einem gemeinsamen Abschlusspapier veröffentlicht. Meine Erwartung ist, dass es ausgehend von diesen Empfehlungen dann Pilotprojekte zwischen Bibliotheken, Verlagen und Aggregatoren geben wird, um neue Wege auszuprobieren und bessere Lösungen zu finden. Darüber hinaus werden wir den sehr konstruktiven Austausch zwischen Bundesregierung, Bibliotheken und Buchbranche auch in Zukunft fortsetzen.