Trotzdem könnte die Debatte um rechte Verlage wieder Wellen schlagen….
Kraus vom Cleff: Die Messe hat eine Monopolstellung. Daher gilt juristisch, dass wir alle Verlage zulassen müssen, die auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. Dass das auch für Konflikte sorgen kann, liegt auf der Hand und gilt nicht nur für die Präsenz rechter Verlage. Ein Beispiel: Den Kolleginnen und Kollegen aus der Ukraine, die zur Messe kommen, mussten wir erklären, warum auch Exilrussen eingeladen sind. Das ist für sie nicht ganz einfach zu verstehen.
Schmidt-Friderichs: Natürlich können wir nicht ausschließen, dass es auch in diesem Jahr wieder Diskussionen geben wird. Diesem Dialog stellen wir uns, werden erklären, warum wir was tun, aber auch zuhören. Ich stelle mir immer die Frage: Was wäre denn die Alternative zum Gesetz als klarer Linie? Ein Messedirektor, der entscheidet, wer ausstellen darf und wer nicht?
Auf der Messe werden viele Politiker:innen zu Gast sein, von Innenministerin Nancy Faeser bis Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Was sind die wichtigsten Botschaften, die der Börsenverein bei diesen Besuchen transportieren will?
Kraus vom Cleff: Wir werden deutlich machen, dass die Branche zwar gut durch die Corona-Jahre gekommen ist, dass wir aber mit Blick auf rasant steigende Strom- und Energiepreise dringend Hilfe brauchen – zum einen durch kurzfristige Entlastungen für kleine und mittlere Unternehmen bei den Energiekosten, zum anderen durch langfristige Förderung. Dazu gehören die im Koalitionsvertrag vereinbarte strukturelle Verlagsförderung, die Unterstützung von Kulturveranstaltungen und Leseförderaktionen im Buchhandel und eine Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf null Prozent bei vollem Vorsteuerabzug.
Bei dieser langen Wunschliste müssen Sie die Politik gewissermaßen »druckbetanken«. Haben die Entscheider:innen in Berlin angesichts der Vielfachkrisen überhaupt ein offenes Ohr dafür?
Kraus vom Cleff: Ich verfolge mit großem Respekt, unter welchem Druck Politiker:innen im Moment Entscheidungen treffen müssen. Uns ist es
wichtig, Begegnungen zu schaffen, die empathisch und nachhaltig sind.
Schmidt-Friderichs: Unsere Aufgabe ist es, bei den Rundgängen mit der Politik die faszinierende Geschichte unserer Branche zu erzählen – und was wir für die Kultur, für die Bildung, für die Stabilität der Demokratie leisten. Und damit ja auch für die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft.
Der Bundesverband Druck und Medien findet starke Worte, wenn es um die Lage der Branche geht. »Wir sind mittlerweile an einem Punkt angelangt, an dem wir aufpassen müssen, dass das Printgeschäft angesichts der dramatischen Verteuerungen überhaupt noch rentabel ist«, so Präsident Wolfgang Poppen Ende August. Würden Sie das so unterschreiben?
Schmidt-Friderichs: Gerade als Verlegerin kann ich da nur sagen:
Diese Befürchtungen sind angesichts der immensen Kostensteigerungen absolut nachvollziehbar. Deshalb müssen wir alles dafür tun, um hier gegenzusteuern. Denn obwohl wir uns digital stark weiterentwickeln, bleibt das Printgeschäft für uns als Branche zentral. Und wir sind davon überzeugt, dass auch die Gesellschaft nicht auf gedruckte Bücher verzichten kann.