Büchner-Preisträgerin

Sibylle Lewitscharoff ist tot

15. Mai 2023
Redaktion Börsenblatt

Die Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff ist am 13. Mai im Alter von nur 69 Jahren gestorben. Das teilte ihr Verlag Suhrkamp am Sonntag mit. Lewitscharoff war seit längerem an Multipler Sklerose erkrankt. 

Sibylle Lewitscharoff

Sibylle Lewitscharoff wurde 1954 in Stuttgart als Tochter des aus Bulgarien emigrierten Arztes Kristo Lewitscharoff und seiner Frau Marianne geboren, wuchs dort auf und engagierte sich bereits als Jugendliche literarisch und politisch. In dieser Zeit beteiligte sie sich beispielsweise an einer Gründung eines regionalen Ablegers des Sozialistischen Büros.

1973, ein Jahr nach ihrem Abitur, zog es Sibylle Lewitscharoff nach West-Berlin, wo sie Religionswissenschaft studierte. Anschließend arbeitete sie als Buchhalterin in der Werbeagentur ihres Bruders und organisierte Ausstellungen. In dieser Zeit begann sie zu veröffentlichen. 1994 erschien mit "36 Gerechte" ihr erster Roman. Seit Anfang der 2000er Jahre arbeitet sie selbstständig als freie Autorin und veröffentlichte zahlreiche Prosa-Texte, Essays und ein Theaterstück.

Lewitscharoff war von einer tiefen, gelebten Intellektualität, konnte aber auch sehr emotional reagieren und provozieren. Das wurde ihr in ihrer 2014 gehaltenen "Dresdner Rede" zum Verhängnis, in der sie sich gegen die künstliche Befruchtung menschlicher Eizellen aussprach und ihren "Abscheu" vor daraus entstehenden "Halbwesen" nicht unterdrücken konnte. Wie nicht anders zu erwarten, provozierte dies einen Shitstorm. Später entschuldigte sich Lewitscharoff und erklärte ihre überzogene Wortwahl mit dem Willen, das "Humane" gegen Entwertungen jedweder Art zu verteidigen.

Für ihr Werk wurde Sibylle Lewitscharoff vielfach ausgezeichnet. Für die Erzählung "Pong" erhielt sie 1998 den Ingeborg-Bachmann-Preis, ihre erste Auszeichnung. Es folgten unter anderem der Kranichsteiner Literaturpreis (2006), der Preis der Literaturhäuser (2007), der Preis der Leipziger Buchmesse für den Roman "Apolostoff", der Wilhelm-Raabe-Literaturpreis für ihr bekanntestes Werk "Blumenberg". 2013 wurde sie schließlich mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet.

Sibylle Lewitscharoff debütierte bei Steinrötter in Münster, veröffentlichte anschließend im Berlin Verlag und der DVA, ehe sie 2009 bei Suhrkamp eine Verlagsheimat fand.

Sie war darüber hinaus Mitglied im PEN-Zentrums Deutschland und Mitgründerin des PEN Berlin und Teil der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und der Akademie der Künste.

Am 13. Mai 2023 starb Sibylle Lewitscharoff im Alter von 69 Jahren. Sie war an Multipler Sklerose erkrankt und äußerte sich noch im Januar 2022 im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk darüber. "Aber die Idee eines selbstbestimmten Sterbens hat mich schon ziemlich am Wickel. Einfach, weil die Krankheit mir in manchen Situationen so sehr alles nimmt", sagte sie damals.