"Buchjournal"-Talk

Warten auf Sibylle Lewitscharoff

23. Juli 2015
Redaktion Börsenblatt
Seit gestern ist sie Preisträgerin des "Preises der Leipziger Buchmesse" in der Kategorie Belletristik. Was das bedeutet, bekommt Sibylle Lewitscharoff einen Tag nach der Preisverleihung auf der Messe deutlich zu spüren. Der Rummel um ihre Person und den ausgezeichneten Roman "Apostoloff" (Suhrkamp Verlag) reißt nicht ab. Zum Gespräch mit Eckart Baier (Redaktionsleiter des Kundenjournals "Buchjournal") im Fachforum der Leipziger Buchmesse kam Lewitscharoff eine Stunde zu spät - ein Termin auf dem Blauen Sofa war Schuld.

Auf die Frage, wie es ihr den heute am "Tag danach" gehe, antwortete Lewitscharoff, dass sie es sich gestern abend versagt habe zu feiern: "Ich wusste, dass heute ein langer Tag auf mich zukommt und war um Mitternacht im Bett". Ihre Hoffnungen auf den Preis habe sie im Vorfeld "künstlich niedergehalten", da sie nicht als enttäuschter Mensch in der Öffentlichkeit stehen wollte. Überhaupt scheint die frisch gebackene Preiträgerin eher reserviert. Auf der Preisverleihung gestern habe sie sich eher innerlich gefreut, was nicht bedeutet, dass sie nicht aufgeregt war: "Nervosität hat bei mir immer zur Folge, dass es äußerlich scheint, als würde ich fast einschlafen", verrät Lewitscharoff den Zuhörern, die zahlreich ins Fachforum gekommen waren, um mehr über die Autorin zu erfahren. Lästig sei der Rummel aber keineswegs, meinte Lewitscharoff, die der Überzeugung ist, dass man sich, wenn man sich für eine solche Messe entscheidet, auch "als Schlachtross" auftreten muss. Über die Auszeichnung habe sie sich sehr gefreut und gesteht: "Es gibt nichts Schöneres, als einen Preis und dafür auch Geld zu bekommen. Ein Schriftsteller müsse auch für sich werben dürfen. 

Für ihren Roman "Apostoloff", der deutliche biografische Züge trägt, war Lewitscharoff mehrfach in Bulgarien auf Recherchereise unterwegs - unterstützt von der Robert Bosch Stiftung. Drei Jahre hat sie dann an dem Roman geschrieben. Was sie für das Land empfindet, dass ihr schon als Kind "entsetzlich hässlich" vorgekommen war, bezeichnet die Autorin heute als "gutmütig gepflegten Hass". Anschaulich berichtet sie von "den entsetzlichen Wohnsiedlungen, die in den 70er Jahren gebaut wurden und mittlerweile in einem erbarmunslosen Zustand sind". 

Lewitscharoff geht kritisch mit ihren Werken um. Fehler würde sie im Nachhinein immer sehr schnell ausmachen. Welche das in "Apostoloff" seien, wollte die Autorin, für die Selbstzweifel dazu gehören,  jedoch nicht verraten: "Das Perfekte kann einem nicht gelingen", davon ist die Preisträgerin überzeugt.

Schreibt sie schon an einem neuen Buch? "Dafür habe ich im Moment keine Zeit", lächelt die Autorin. "Erst muss der Erregungsherd ausgetrocknet werden". Man glaubt es ihr.