Gastspiel zur Auflagenplanung

Vorratshaltung kostet Geld

10. September 2021
Redaktion Börsenblatt

Bei knappem Papier wird für Verlage die Auflagenplanung schwieriger. Bestellt also reichlich, lautet nun die Bitte ans Sortiment. Buchhändler Jens Bartsch meint: wohlan! Und zwar zu folgenden Bedingungen.

Das Thema »Druckdrama« ist in aller Munde, und auch wir im Sortiment betrachten seit geraumer Weile voller Sorge die Nachrichten in Sachen Papierknappheit, schwieriger Buchung von Druckterminen etc., denn Stichworte wie Auf­lagenplanung und Nachdruck sind uns nicht fremd. Auch den schläfrigeren Nasen unter uns sollte mittlerweile klar sein, dass wir alle, ob Verlag oder verbreitender Buchhandel, einem sehr heißen Herbst entgegengehen. Dies insbesondere eingedenk der Tatsache, dass für die zweite Hälfte dieses Jahres viele extrem starke und potenziell umsatzträchtige Titel am Start sind, die wir selbstverständlich sehr gern erfolgreich verkaufen möchten, ebenso selbstverständlich und sehr gern aber auch stetig »just in time« nachordern können möchten.
 

So selbstverständlich scheint dies alles aber nicht mehr zu sein, denn neben den diversen Artikeln in der Branchenpresse und sogar in der »Süddeutschen Zeitung« erreichen uns Sortimenterinnen und Sortimenter inzwischen die ersten Alarmmeldungen direkt aus den Verlagen, die jetzt (also schon im August / September) dringend eine entsprechende Bevorratung hinsichtlich des Weihnachtsgeschäfts empfehlen.

Randbemerkung: Als ein inzwischen mehr als 30 Jahre im Beruf stehender Buchhändler musste ich dann schon ein wenig griemeln, wenn eine buchhändlerische Praxis von vor gefühlt 50 Jahren plötzlich wieder für en vogue erklärt wird. Denn die seit einigen Jahren unter anderem vermittels dritter Reise gewollt aufgeweichten Saisoneinkäufe schienen ja eigentlich eher abgeschafft werden zu sollen.

Da wird eine 50 Jahre alte buchhändlerische Praxis plötzlich wieder für en vogue erklärt.

Jens Bartsch

Nun denn und wohlan – gern möchten wir hier, gerade auch im eigenen Interesse der Lieferfähigkeit, die angebotenen Spiele der Vorratsbestückung im Rahmen unserer Möglichkeiten mitspielen, damit Verlage und auch Buchhandlungen besser kal­kulieren können und eine gewisse Planungssicherheit haben. Allein für Gotteslohn werden wir dies allerdings nicht leisten können, und so merke ich an:

  • Jede Kauffrau und jeder Kaufmann weiß, dass bestellte und bezahlte, aber noch nicht verkaufte Ware viel Geld kostet.
  • Jede Kauffrau und jeder Kaufmann weiß, dass erst zum Jahresende Bilanz gezogen wird und bis dahin aktuell noch vier Monate, also 120 Tage, ins Land gehen.
  • Jede Kauffrau und jeder Kaufmann weiß, dass Lagerplatz auch bei uns im Sortiment endlich ist und Geld kostet.

In Richtung der Verlage daher einige Punkte, die es zu erfüllen gilt, bevor wir hier in unserer Buchhandlung das Spiel der vorausplanenden Vorratshaltung tatsächlich mitspielen:

  • Wir erwarten ein Entgegenkommen und entsprechende Angebote in Sachen Zahlungsziel und Valuta (Stichwort: noch vier Monate bis Jahresende).
  • Wir erwarten ein Entgegenkommen und entsprechende Angebote in Sachen Rückgaberecht.
  • Wir erwarten adäquate Sonderkonditionen, die es uns dann eben erst ermöglichen, den Verlagen entgegenzukommen und unter anderem teilweise deren Lager- und Auslieferungskosten zu übernehmen.
  • Wir erwarten ganz besonders – weil extrem wichtig –, dass bei eventuellen Knappbeständen gerecht verteilt wird, damit weder ein bestimmter Internetgroßhändler noch ein anderer großer Omnichannel-Händler in die Lage versetzt wird, irgendwann bestimmte Titel exklusiv verkaufen zu können.

Ich denke, dass viele Kolleginnen und Kollegen im Sortiment dies ähnlich sehen. Und ich warte voller Vorfreude auf entsprechende Angebote der Verlage bzw. auf eine lebhafte Diskus­sion rund ums Thema.