"Zu viel Schmerz, Blut, Grausamkeit" (hinter der Zahlschranke) ist das Interview betitelt, das Simone Brunner mit Friedenspreisträger Serhij Zhadan in der "Zeit" (20. November) führte. Zhadan hat sich im April der ukrainischen Nationalgarde angeschlossen.
Er sei nicht im Schützengraben, erzählt Zhadan, sondern er diene in der 13. Brigade der ukrainischen Nationalgarde: Er sei für den Austausch zwischen den Brigaden einerseits und zwischen der Armee und der Öffentlichkeit andererseits zuständig. "Ich kümmere mich um die militärisch-zivile Kommunikation. Außerdem machen wir in Charkiw unser eigenes Radio."
Am 18. November ist sein neuer Gedichtband "Chronik des eigenen Atems. 50 und 1 Gedicht" (aus dem Ukrainischen von Claudia Dathe) auf Deutsch bei Suhrkamp erschienen. Einen Teil der Gedichte hat er vor dem 24. Februar 2002 geschrieben, einen Teil danach. Das erste Gedicht nach dem russischen Überfall auf die Ukraine datiert erst auf den 15. Juni 2022. "Ich habe einige Monate nichts geschrieben", so Zhadan, "ich verspürte einfach keinen Wunsch danach." Das Schreiben falle ihm immer noch schwer. Es sei keine gute Idee, den Krieg als literarischen Stoff zu verwenden. Man sei "gezwungen, zu viel Schmerz, zu viel Blut, zu viel Grausamkeit zu sehen". Das seien keine guten Zeiten für Gedichte.
Auf die Frage, wie ihn der Krieg verändert habe, antwortet Zhadan, es gehe ihm besser, wenn er unter Gleichgesinnten sei, denen er vertraue. Wie hier, mit seiner Brigade. "Und meine Prioritäten haben sich verschoben. Wie bei der Literatur oder beim Schreiben. Das ist einfach nicht mehr so wichtig für mich."
2022 wurde Serhij Zhadan mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet.