Der Artikel "Warum Serhij Zhadan zur Armee geht" (8. April) stammt aus dem Kriegstagebuch, das der preisgekrönte Übersetzer Juri Durkot seit dem ersten Kriegsmorgen aus Lemberg für die "Welt" schreibt. Seit 2007 übersetzt er gemeinsam mit Sabine Stöhr die Romane von Serhij Zhadan ins Deutsche.
Durkot schildert Zhadans unermüdlichen Einsatz seit Kriegsbeginn für sein Land und seine Stadt Charkiw – durch Texte, Interviews, Auftritte seiner Band, Spendensammlungen, die Verteilung von Hilfsgütern und vieles mehr. "Es war unbegreiflich, wie ein Mensch dieses Tempo aushalten kann", so Durkot. Mit dem Freiwilligenbataillon "Chartija", dem Zhadan nun beitritt, sei er von dessen Gründung an eng verbunden gewesen. Durkot glaubt nicht, dass jemand das moralische Recht hat, Serhij Zhadan umzustimmen.
"Solche Entscheidungen sind immer sehr persönlich und emotional", erklärt Durkot auch am Beispiel anderer Schriftsteller. Noch vor wenigen Monaten habe Zhadan geglaubt, dass es wichtig sei, den Menschen im Westen zu erklären, was tatsächlich in der Ukraine passiert, für Unterstützung zu werben. "Heute glaubt er das nicht mehr. Oder nicht mehr richtig", so Durkot. Welche Gewicht könnten Worte haben, wenn Charkiw regelmäßig bombardiert wird – und der Westen ratlos zuschaue?
Würden Politiker die Romane und Essays von Schriftstellerinnen und Schriftstellern aufmerksamer lesen, dann wäre der eine oder andere Krieg vielleicht doch zu verhindern gewesen, fährt Durkot fort. Aber das mache die Politik nicht. Das habe sie noch nie gemacht. Die Warnungen seien in Serhij Zhadans Oeuvre nicht zu übersehen gewesen. Nicht zu überhören.
Der amerikanische Historiker Timothy Snyder habe auf X gepostet, Zhadan solle eine Urkunde für den Nobelpreis in der Hand halten, kein Gewehr. "Er mag Recht haben. Aber solange die Literatur schutzlos ist, bleibt für viele Schriftsteller kaum eine Wahl. Wir können sie nur respektieren. Und zugleich bedauern", schließt Durkot.