„Leipzig liest“ zu preisen ist ein wenig wie Eulen nach Athen tragen. Oder Leipziger Lärchen ins Café Grundmann. Der wie das Doppel-M zum Markenzeichen der Messe gewordene Literatur-Flashmob präsentiert sich – in der Woche nach der lit.Cologne (5.-17. März) – mit rund 2.900 Mitwirkenden und 2.500 Veranstaltungen an 300 Orten fast so üppig wie vor Corona. Viele wichtige deutschsprachige Frühjahrsnovitäten bekommen hier ihre Bühne, darunter ehemalige Nominierte für den Preis der Leipziger Buchmesse wie Anne Weber („Bannmeilen“, MSB) oder Ulrich Peltzer („Der Ernst des Lebens“, S. Fischer). Mit Spannung schaut die Literaturwelt auf den 29. Februar, dann gibt die Jury die Nominierten des aktuellen Preises in den Kategorien Belletristik, Sachbuch/Essayistik und Übersetzung bekannt. Am Messedonnerstag, 16 Uhr, wird der Preis dann zum 20. Mal vergeben. Wie immer freuen sich die Messe-Macher auch über klangvolle internationale Namen: Das Spektrum reicht von Christopher Clark („Frühling der Revolution“, DVA) über Didier Eribon („Eine Arbeiterin“, Suhrkamp, für die Lesung des deutschen Texts konnte Sandra Hüller verpflichtet werden, in Leipzig schon jetzt Oscar-Gewinnerin der Herzen) bis zu Jussi Adler Olsen (Verraten“, dtv).
Die Gastland-Delegation aus den Niederlanden und Flandern (Motto: „Alles außer flach“) ist mit 41 Autorinnen und Autoren und rund 100 Veranstaltungen kleiner und jünger als zum Auftritt auf der Frankfurter Buchmesse 2016 – verheißt aber vielleicht gerade deshalb spannende Entdeckungen - hoch gehandelt etwa die flämische Autorin Gaea Schoeters, deren radikaler Roman „Trophäe“ (Zsolnay“) derzeit für Furore sorgt. Weil die Buchmesse, so Astrid Böhmisch, auf „Nachhaltigkeit“ setzt, sind das gewesene Gastland Österreich und die 2025 kommenden Norweger ebenfalls mit starken Ständen vertreten.
Bertelsmann zieht mit seinem Blauen Sofa in eine neue Location, das Kaiserbad in Plagwitz.
Messe goes Pop: Dass auf dem Podium auch der Influencer und „Content Creator“ Ole Liebl ausführlich zu Wort kam, dessen niederschwellige Buchempfehlungen auf Tik Tok und Instagram viral gehen, zeigt, dass die Buchmesse in Zeiten von Pisa-Schock und Leserschwund künftig wohl noch stärker auf populäre Angebote setzen will.
Nach langer Abstinenz kehrt am Messefreitag das Format LitPop zurück – bis 2008 fand das Kooperationsprojekt mit dem MDR im Neuen Rathaus statt. Dafür haben sich MDR Sputnik, MDR Kultur, ARD Kultur, ZDF und 3sat mit der Buchmesse zusammengetan; auf vier Bühnen der Leipziger Kongresshalle werden 24 Autorinnen und Autoren von DJ-Sets und Live-Musik begleitet. Der bewusst wilde Genre-Mix aus Wissenschaft, Zeitgeist, Politik, Livestyle und Pop-Kultur scheint derzeit trendy zu sein – die lit.Cologne präsentiert am 8./9. März unter fast identischen Namen ein ähnliches, inhaltlich etwas konturierteres Event im Kölner Stadtgarten, das bereits ausverkauft ist.