Den Auftakt am Pult der Pressekonferenz zur Messe-Eröffnung hatte Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, bestritten: "Die Buchmesse ist eine Agora des dialektischen Austauschs in wechselseitigem Respekt, ein Ort, an dem unterschiedliche Meinungen aufeinandertreffen, ohne aufeinanderzuprallen", betonte sie. Der konstruktive Meinungsaustausch sei angesichts zunehmender Polarisierung in der Gesellschaft von großer Bedeutung. Die Buchmesse bereite dem Diskurs eine Bühne, sei der Ort, wo Fake-News Lügen genannt werden.
Dann berichtete sie über die wirtschaftliche Entwicklung: Die Buchbranche gehe mit stabilen Umsätzen in die Buchmesse und den Bücherherbst. In den zentralen Vertriebswegen liege das Geschäft nach neun Monaten mit einem Plus von 0,5 Prozent leicht über dem des Vorjahreszeitraums (Quelle: Media Control). Gerade die bei den jungen Menschen und bei #BookTok beliebten Genres New und Young Adult wachsen derzeit.
"Bücher begeistern Menschen – und das sogar wieder mehr. Viele junge Leser:innen sind im absoluten Lesefieber", freute sich die Vorsteherin. "Sei es, weil sie in Geschichten ein- und abtauchen möchten, sei es, um Neues zu entdecken, sich Wissenswelten zu erschließen, sei es, um sich anhand sorgfältig recherchierter und klar formulierter Hintergrundinformationen eine eigene Meinung zu bilden oder diese zu überprüfen." Zwar laufe viel über Social Media, aber der Funke sei in die Buchhandlung vor Ort übergesprungen. "Diese Generation bewegt sich völlig selbstverständlich zwischen analog und digital."
Aber: Über diese positiven Nachrichten sollten wir allerdings nicht vergessen, dass jedes vierte Kind die Grundschule verlässt, ohne richtig lesen zu können. "Der Bildungsnotstand in unserem Land nimmt weiter zu. Und die Politik verschließt weitgehend die Augen davor. Dabei ist Lesekompetenz Grundlage für demokratische Teilhabe. Nur wer versteht, was in den Wahlprogrammen steht, also hinter die Kulisse markiger Wahlversprechen schaut, kann verantwortungsvoll wählen", erklärte Karin Schmidt-Friderichs.
Auch in Zeiten knapper Haushalte dürfe daher nicht an Bildung, an Kultur- und Leseförderung gespart werden. Neben wirksamen Initiativen zur Verbesserung der Lesefähigkeit sei die Fortführung des Kulturpasses für 18-Jährige wichtig, um auch künftig niedrigschwellige Zugänge zu Kultur und Literatur zu schaffen. Für die Meinungsbildung sei es ebenso unerlässlich, dass in Öffentlichkeit und Medien über kultur- und gesellschaftspolitische Fragen gesprochen werde. Es sei daher eine falsche Weichenstellung, wenn aktuell überlegt werde, die Kulturberichterstattung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk noch weiter zu reduzieren. "Wir brauchen Kultursender wie arte und 3sat", so die Vorsteherin – das sorgte für Beifall der Pressevertreter im Pavilion.