BookTok für Buchhändler:innen

Nebenbei auch noch Influencer?

4. April 2025
Jona Piatkowski

Zusätzlich zum Buchhandelsalltag auch noch Social Media bespielen – schafft man das, lohnt sich das? Erfahrungswerte von Thalia und der Buchhandlung Hoffmann.

TikTok und BookTok-Schhriftzüge neben einem regal mit Büchern

"Auch bei uns gibt es den BookTok-Effekt", sagt Ruben Felder, Brand-Ambassador & Filialleiter in Landshut bei Thalia und privat als "Zeileninhalator" auf TikTok, und meint damit, dass Leute sich bei ihm in den Kommentaren erkundigen, wie sie Buchhändler:in werden können. "Einblicke in den Buchhandel zu bekommen, befeuert das Interesse. Sonst nimmt man die Person, die die Bücher verkauft, manchmal gar nicht so wahr."

Am Stand der AusbildBar der Gutenbergschule Leipzig auf der Leipziger Buchmesse sprachen er und Sarah Natusch von der mit dem TikTok Book Award zur Indiebuchhandlung des Jahres 2024 ausgezeichneten Buchhandlung Hoffmann in Eutin über die Nutzung von TikTok aus buchhändlerischer Perspektive.  

Dass sich TikToks Einfluss auch vor Ort in den Buchhandlungen bemerkbar macht, können beide bestätigen: ob beim Filialisten oder in der unabhängigen Buchhandlung, New Adult und Romance-Bücher haben sich von kleinen, versteckten Ecken auf mehrere Regalmeter ausgebreitet.

Felder und Natusch sind jeweils für ihre Buchhandlung auf TikTok – und das nimmt Zeit in Anspruch. "Ich investiere locker zehn Stunden pro Woche", erzählt Felder und Natusch stellt klar, dass vieles davon außerhalb der Öffnungs- und auch der Arbeitszeiten stattfindet: "Die Arbeit wohnt im Kopf mit. Man muss sich vor die Kamera stellen wollen, aktuelle Trends mitmachen und selbst kreativ sein. Halbherzig bringt das nichts – man muss die Zeit investieren." Ein zehnsekündiges Video könne mit Aufnahme, Schnitt und Nachbearbeitung gut dreißig Minuten in Anspruch nehmen. Das ist schnell eine Frage der Kapazität und Felder und Natusch sind sich bewusst, dass kleine Geschäfte das nicht leisten können: "Der Buchhandelsalltag geht vor."

Es geht darum, dass wir sichtbar sind. In der heutigen Zeit braucht man Social Media.

Sarah Natusch

Social Media will geplant sein

Man brauche eine entsprechende Ausstattung: vielleicht ein Stativ oder Mikro, das Licht dürfe nicht zu dunkel sein und wenn es, wie oft, kein Firmenhandy gibt, muss ein privates parat sein.

Aus seiner Zeit bei Hugendubel berichtet Felder, dass einmal pro Woche ein Treffen mit allen Creatorn stattgefunden habe – um Ideen zu brainstormen und noch am selben Tag für die ganze Woche vorzuproduzieren. Natusch und ihre Kollegin planen immer montags die Instagram-Woche. "Man darf sich nicht zu weit im Voraus festlegen. Es ist wichtiger, auf aktuelle Trends reagieren zu können."          

Zum Verhältnis von Instagram zu TikTok bemerkt Felder: "Interessanterweise beobachten wir, dass der Content, der auf TikTok nicht so gut angenommen wurde, in unserer Zweitverwertung auf Instagram besser performt. Und auch umgekehrt."

Stichwort privat: Felder ist einerseits für seine Thalia-Filiale, andererseits auch als Einzelperson unter dem Namen "Zeileninhalator" auf TikTok tätig. "Da muss man sinnvoll trennen. Persönlich bin ich auch mal gegen ein Buch, eine Person oder eine bestimmte politische Richtung, aber professionell ist das natürlich anders."

Auch Natusch ist sich bewusst, dass sie die Buchhandlung Hoffmann repräsentiert: "Zum Beispiel hatten wir einen Post zum Schulbuchgeschäft, das immer für alle Beteiligten stressig ist – das war ein emotionaler Post, der den falschen Eindruck hätte erwecken können, wir würden uns darüber beschweren, dass Kund:innen Schulbücher bei uns kaufen wollen." Die Resonanz sei aber sehr positiv ausgefallen, da viele Kund:innen das Gefühl nachempfinden konnten.

Ruben Felder und Sarah Natusch bei der AusbildBar auf der LBM: BookTok für Buchhändler:innen

Lohnt sich das?

Sven Stollfuß, Professor für Medienwandel an der Universität Leipzig, erläuterte auf der Leipziger Buchmesse am Stand "Studium Rund ums Buch", warum es in Buchhandlungen Thementische mit Aufstellern von TikTok und nicht von Instagram oder YouTube gäbe: die Datenerhebung der Plattform selbst in Kooperation mit Media Control mache die Zahlen für Buchhändler:innen greifbar und nachweisbar. "TikTok ist engagiert – es gibt Ansprechpersonen, die erreichbar sind, die reagieren, wenn Verlage sich bei ihnen melden", so Stollfuß.

Natusch gibt zu: "Wir können nachvollziehen, wie viele Views unsere Videos haben und wie lange die Leute zuschauen, aber das alles lässt sich natürlich nicht direkt übersetzen in Kund:innen in unserem Laden." Ob TikTok für eine kleine Buchhandlung irgendwo im Hinterland notwendig sei, fragt Felder sich laut selbst: "Vermutlich nicht, aber Social Media ist eine sehr sinnvolle Methode, um neue Gruppen zu erreichen." Mittlerweile gäbe es mehr und mehr unabhängige Buchhandlungen, die eine Social Media Präsenz aufbauen.
Natusch antwortet: "Wenn wir 50 Leute erreichen und fünf davon mal vorbei kommen, auf der Durchreise, im Urlaub oder einfach nur davon weitererzählen, haben wir schon was davon." Die Auswirkungen seien nicht direkt messbar. Aber: "Es geht darum, dass wir sichtbar sind. Ich glaube, dass man in der heutigen Zeit Social Media einfach braucht."