Die "Charta 2017" (hier abrufbar) setzt ein mit den Worten: "Die Vorkommnisse auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse machen deutlich, wie widersprüchlich es in unserem Land zugeht: wie unter dem Begriff der Toleranz Intoleranz gelebt, wie zum scheinbaren Schutz der Demokratie die Meinungsfreiheit ausgehöhlt wird."
Wenn ein Branchenverband wie der Börsenverein darüber befinde, "was als Meinung innerhalb des Gesinnungskorridors akzeptiert wird und was nicht", wenn er zu "aktiver Auseinandersetzung" aufrufe und es dann im "Kampf gegen Rechts" zu Sachbeschädigungen komme, dann sei "unsere Gesellschaft nicht mehr weit von einer Gesinnungsdiktatur entfernt".
Im "Offenen Brief" schreibt die zweimal mit dem Deutschen Buchhandlungspreis ausgezeichnete Sortimenterin: "Ich schäme mich als demokratischer Mensch, als leidenschaftliche Buchhändlerin und als eine in der DDR Geborene für diesen zutiefst respektlosen und würdelosen Umgang mit 'andersdenkenden' Verlagen und den dahinter stehenden Menschen." Dagen fügt hinzu, dass sie "in aller Ernsthaftigkeit" den Austritt aus dem Börsenverein erwäge.
Was die "Charta 2017" nicht erwähnt: Es kam während der Buchmesse auch zu gezielten Provokationen und Störmanövern von Rechts und bei mindestens einer Veranstaltung des Antaios Verlags mit Vertretern der Identitären Bewegung zu einer Machtdemonstration der Rechten, in deren Verlauf Buchmesse-Direktor Juergen Boos lautstark von der Bühne vertrieben wurde. Dies wurde anschließend als "Sieg" gefeiert.
Da schließe ich mich doch sehr gern mit Leseempfehlungen an:
Hannah Arendt: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft / nach der Lektüre werden Sie (hoffentlich) erschrocken sein über Ihre Ausführungen.
Hannah Arendt: Eichmann in Jerusalem / Hier sind insbesondere die Ausführungen Arendts über die "Banalität des Böses" wert zur Kenntnis zu nehmen.
des weiteren
Götz Aly: Hitlers Volksstaat. Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus
wenn Sie lieber Hörbücher mögen:
Erika Mann: Wenn die Lichter ausgehen - Geschichten aus dem Dritten Reich.
Sie denken Sie verteitigen mit Lügen (volksverhetzende Positionen, Holocaust-Leugner-Verteitiger), mit Wortspielen (Meinung und Gesinnung) die Demokratie? Das tun Sie nicht! Der Zweck heiligt nie die Mittel.
Die Lektüre der o.g. Bücher wird verhindern, dass Sie eines Tages aufwachen und denken, ist ja nur das Auto einer "Nazi"-Schlampe das da brennt.
Ich gebe jedem der die Aktion von Frau Dagen so undurchdacht in Frage stellt noch den Hinweis auf die Liste der Unterzeichner. Wollen Sie wirklich allen Erstunterzeichnern ernsthaft unterstellen die Demokratie abschaffen zu wollen?
1. Fast kein Kommentar befasst sich mit dem Kern des Appells: Ist es hinzunehmen, dass der Börsenverein eine Liste von ihm unliebsamen Verlagen veröffentlicht und zur aktiven (nicht inhaltlichen) Auseinandersetzung aufruft?
2. Meinungsfreiheit endet m.E. nicht erst mit Verboten sondern bereits dann, wenn man damit rechnen muss, dass auf einen kritischen Beitrag nicht sachliche Argumente, sondern persönliche Diffamierungen folgen.
3. @Dresdner: Welche Folge hat Ihre Forderung zu einer weiteren Verschärfung des Straftatbestands der Volksverhetzung für die Meinungsfreiheit?
niemand, wirklich niemand hier, hat Frau Dagen und den Unterzeichnern ihres Beschwerdebriefes unterstellt oder vorgeworfen, die Demokratie abschaffen zu wollen. Das ist ein in den Mund gelegter Unfug, der hoffentlich nicht als Faktum diskutiert wird - allerdings erneut zeigt, auf welchem Wege Andere und anders Denkende diskredietiert werden sollen.
Auch der Hinweis auf die Liste der Unterzeichner ist wenig hilfreich. Handelt es sich bei vielen davon doch um gute und sehr gute Freunde von Frau Dagen. Das ist vollkommen in Ordnung, sollte aber eben auch gerade deshalb nicht überbewertet oder eventuell auch mal anders gedacht werden: Herr Tellkamp, Frau Lengsfeld und Herr Bernig tauchten aufgrund dieser Debatte mal wieder in den Feuilletons der Republik auf. Ein Schelm, wer kalkuliertes dabei denkt.
Oder noch anders: Wann hat sich eigentlich der Gedanke so fest gesetzt, daß Künstler die aufgeklärteren, empathiefähigeren und solidarischeren Zeitgenossen sind? Es bedarf nicht erst des Hinweises auf… zum Beispiel Richard Wagner, daß man ein großer Künstler und ein Ars….ch sein kein. Nun kam er doch.
Im Feuilleton der Süddeutschen Zeitung veröffentlichte Sonja Zekri am 17. 10. einen sehr guten und unaufgeregten Artikel über die Frage, wie ein tolerante Gesellschaft mit Intoleranz umgehen kann. Der letzte Absatz sei hier kurz angeführt:
"Es ist Zeit, die Perspektive geradezurücken. Der größte Teil der Deutschen ist nicht ausländerfeindlich, erkennt die Rechte von Frauen und Minderheiten an und schätzt das Leben in einem offenen, fortschrittlichen, auch solidarischen Land. Nicht alle tun das. Aber die Randlage, die sie beklagen, haben sie selbst gewählt."
wenn Sie von der Intention einer Abschaffung der Demokratie sprechen, welche ich und andere Kommentatoren in Ihren Augen offenbar den Unterzeichnern der Charta von Frau Dagen unterstellen, möchte ich Sie außerdem nochmals auf die elitäre Gesinnung der „Neuen Rechten“ hinweisen, deren Idol Claus Graf von Stauffenberg ist, der in der Tat für eine Abschaffung der Parteiendemokratie stand.
Anscheinend ist das Thema "Bedrohung der Meinungsfreiheit"
abgefrühstückt. Zu Recht, denn worum ging es ?
Der Grundgesetzartikel über Meinungsfreiheit bezieht sich ja wohl
auf staatliches Handeln, das weiß jeder Oberarzt an einem
katholischen Krtankenhaus der sich pro Abtreibung öffentlich ausspricht.
Wenn also der Veranstalter der Buchmesse Dreck als solchen bezeichnet
dann hat das mit Einschränkung der Meinungsfreiheit nichts zu tun.
Oder wie jemand so schön neulich sagte: "Die AFD versteht unter Meinungsfreiheit die Freiheit die Meinung der AFD gut zu finden"