Susanne Dagen reagiert mit einer "Charta 2017" auf die Buchmesse-Vorfälle

"Nicht mehr weit von einer Gesinnungsdiktatur entfernt"

17. Oktober 2017
Redaktion Börsenblatt
Die Dresdner Buchhändlerin Susanne Dagen (Buchhaus Loschwitz) kritisiert in einem Offenen Brief an den Börsenverein den Umgang mit "andersdenkenden Verlagen" auf der Frankfurter Buchmesse - und hat im Netz eine "Charta 2017" veröffentlicht, die auch von Autoren wie Cora Stephan und Uwe Tellkamp unterzeichnet worden ist.

Die "Charta 2017" (hier abrufbar) setzt ein mit den Worten: "Die Vorkommnisse auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse machen deutlich, wie widersprüchlich es in unserem Land zugeht: wie unter dem Begriff der Toleranz Intoleranz gelebt, wie zum scheinbaren Schutz der Demokratie die Meinungsfreiheit ausgehöhlt wird."

Wenn ein Branchenverband wie der Börsenverein darüber befinde, "was als Meinung innerhalb des Gesinnungskorridors akzeptiert wird und was nicht", wenn er zu "aktiver Auseinandersetzung" aufrufe und es dann im "Kampf gegen Rechts" zu Sachbeschädigungen komme, dann sei "unsere Gesellschaft nicht mehr weit von einer Gesinnungsdiktatur entfernt".

Im "Offenen Brief" schreibt die zweimal mit dem Deutschen Buchhandlungspreis ausgezeichnete Sortimenterin: "Ich schäme mich als demokratischer Mensch, als leidenschaftliche Buchhändlerin und als eine in der DDR Geborene für diesen zutiefst respektlosen und würdelosen Umgang mit 'andersdenkenden' Verlagen und den dahinter stehenden Menschen." Dagen fügt hinzu, dass sie "in aller Ernsthaftigkeit" den Austritt aus dem Börsenverein erwäge.

Was die "Charta 2017" nicht erwähnt: Es kam während der Buchmesse auch zu gezielten Provokationen und Störmanövern von Rechts und bei mindestens einer Veranstaltung des Antaios Verlags mit Vertretern der Identitären Bewegung zu einer Machtdemonstration der Rechten, in deren Verlauf Buchmesse-Direktor Juergen Boos lautstark von der Bühne vertrieben wurde. Dies wurde anschließend als "Sieg" gefeiert.