Nach Unterlassungsklage

Verkauf von "Innerstädtischer Tod" zieht an

20. Februar 2025
Matthias Glatthor

Vor zwei Wochen wurde ein Antrag auf Einstweilige Verfügung gegen "Innerstädtischer Tod" von Christoph Peters gestellt. Ein großes Thema in den Feuilletons. Das Medienecho hat nun dafür gesorgt, dass der Roman in die Top 100 unserer Belletristik-Charts zurückkehrt. Wir haben beim Verlag zum aktuellen Stand nachgefragt.

Cover

Der Roman "Innerstädtischer Tod" von Christoph Peters ist am 11. September 2024, in der Kalenderwoche 37, bei Luchterhand erschienen, kam dann in der KW 40/2024 neu auf Platz 82 in die Top 100 bei der Belletristik (Hardcover), fiel dann wieder heraus. In die Top 25 hat der Roman es bislang (Stand: KW 7/2025) nicht geschafft, allerdings kommt er jetzt in KW 7/2025 (10.–16. Februar), der Woche nach der Unterlassungsklage, als Wiedereinsteiger in unsere Top 100: auf Platz 45. Damit kommt er auf insgesamt drei Wochen in der 100er-Liste (Charts ermittelt von Media Control im Auftrag des Börsenblatts)..

Genaue Verkaufszahlen nennt der Verlag auf Anfrage von Börsenblatt online nicht, teilt aber mit, "dass wir in den zwei Wochen nach Bekanntwerden des beim Landgericht Hamburg anhängigen Verbotsverfahrens mehr Bücher an den Handel abgesetzt haben als in den knapp fünf Monaten zuvor, also seit mit 'Innerstädtischer Tod' der letzte Band der 'Trilogie des gegenwärtigen Scheiterns' von Christoph Peters erschienen ist." Man sehe "in unseren Systemen" auch, dass der Titel im Handel abfließt. "Ein weiterer schöner Indikator für die stetig steigende Nachfrage nach dem Titel sind die Absatzzahlen in unserem verlagseigenen Haussortiment in der Neumarkter Straße: Dort ist 'Innerstädtischer Tod' aktuell der Bestseller Nummer 1!"

Auf die Frage, ob man den Titel bereits nachdruckt, lautet die Antwort: "Ohne auch hier zu viel verraten zu wollen: Der angestrengte Prozess, obwohl im Verfahren des Einstweiligen Rechtsschutz initiiert, kann und wird vermutlich noch lange dauern", so der Verlag. Es werde viel Zeit ins Land gehen, bis es zu einer rechtskräftigen Entscheidung kommt. Deshalb habe man schon jetzt alle Vorkehrungen getroffen, um jederzeit auf die gestiegene Nachfrage reagieren zu können. Dazu gehöre auch eine flexible Auflagenplanung.

Die Pressekammer des Landgerichts Hamburg befinde sich derzeit in einer offenbar ausgedehnten Leseklausur. "Das begrüßen wir schon aus grundsätzlichen Erwägungen: Die Lektüre des Romans von Christoph Peters ist, wie immer bei diesem Autor, ein Hochgenuss. Wer sich darüber ein Urteil bilden will, sollte es dem Gericht nachtun und ihn unbedingt vorher in aller Ruhe lesen!", führt der Luchterhand-Justiziar aus. Zudem habe man "den zu unserer freudigen Überraschung eingetretenen Aufschub bei der richterlichen Entscheidungsfindung dazu genutzt, am Samstag eine Werbeanzeige in der SZ zu schalten". Darauf die Einschätzung von Andreas Platthaus, dem Leitenden Literaturredakteur der FAZ, wiederholt ("Ein kunstvoll fiktionalisierter Roman").

Hintergrund:

Das Galeristen-Ehepaar König, das den Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung am 6. Februar über die Berliner Kanzlei Schertz Bergmann gestellt hat, ist laut Medien erst Ende Dezember 2024 auf den Roman aufmerksam geworden. Es sieht seine Persönlichkeitsrechte verletzt und strebt ein Verbreitungsverbot von "Innerstädtischer Tod" an. Luchterhand, das zur Penguin Random House Verlagsgruppe gehört, will, wenn nötig, bis zur letzten Instanz gehen.

Die Argumente des Verlags

Auf die gerichtliche Antragsschrift des Berliner Galeristen-Ehepaares hat man mit einer umfangreichen Gegenargumentation in Form einer sogenannten Schutzschrift reagiert, so der Luchterhand-Justitiar. Darin erläutere man dem Gericht, dass es zahlreiche Unterschiede in den konkreten Lebensumständen des klagenden tatsächlichen und des im Buch vorkommenden fiktiven Galeristen-Ehepaars gibt. Somit werde es – anders als etwa im Fall "Esra" – schon an der tatbestandlichen "Erkennbarkeit" der Antragsteller für deren Bekanntenkreis fehlen. Ein weiterer Schwerpunkt der Argumentation liege darin, aufzuzeigen, wie kunstvoll Christoph Peters in seinem Roman Parallelen zu Wolfgang Koeppens "Tod in Rom" zieht und dessen Klassiker in die Jetztzeit überschreibt. Man habe auch ein Gutachten eines anerkannten Literaturwissenschaftlers in Auftrag gegeben. "Somit sollte klar werden, dass spätestens die grundgesetzlich garantierte Kunstfreiheit jeglichen Verbotsbemühungen einen Riegel vorschieben wird."

In dem ausführlichen Artikel "Roman unter Verdacht" zum Fall in der "Zeit" vom 13. Februar, wird Christoph Peters mit folgenden Worten zitiert: "Falls das Buch verboten wird, ist es mit der gesellschaftlich relevanten Literatur in Deutschland vorbei."