Über den Fall berichtet Andreas Platthaus in der FAZ vom vergangenen Samstag (8. Februar). Danach fühlen sich der Berliner Galerist Johann König und seine Frau durch den Roman "Innerstädtischer Tod" (Luchterhand; ET: 11. September 2024) von Christoph Peters in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt. Ein Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung beim Landgericht Hamburg habe das Ziel, die weitere Verbreitung des Romans verbieten zu lassen und jegliche Veröffentlichung seines Inhalts zu untersagen. Bei Verstößen werden zweimal 250.000 Euro Ordnungsgeld verlangt.
Eingereicht worden sei der Antrag von der Berliner Anwaltskanzlei Schertz Bergmann, die in ihrer Argumentation an den Fall "Esra" anknüpfen würde. Maxim Billers Roman "Esra" (2003) war aufgrund der Verletzung von Persönlichkeitsrechten verboten worden. "Der aktuelle Fall wird diese von Autoren und Verlagswesen seitdem oft kritisierte höchstrichterliche Entscheidung neu auf die Probe stellen", so Platthaus. Es gehe abermals um die Kunstfreiheit.
Luchterhand habe gegenüber der FAZ bereits angekündigt, dass es notfalls wieder bis zur letzten Instanz gehen werde. Bis zum 10. Februar habe der Verlag Zeit zur Stellungnahme, dann werde das Landgericht Hamburg entscheiden, ob es die Einstweilige Verfügung mit sofortiger Wirkung erlässt. Alternativ könne es den Antrag zurückweisen oder eine öffentliche Verhandlung anberaumen, um sich ein Meinungsbild zu verschaffen.
Worum geht es in dem Rechtsstreit? Christoph Peters erzählt in seinem Roman "Innerstädtischer Tod" von einem aufstrebenden Künstler, der dank einer Ausstellung, die am Abend des 9. November 2022 bei einem prominenten Berliner Galeristen eröffnet werden soll, vor dem Durchbruch steht. Doch gerade jetzt ist der Galerist ins Gerede gekommen wegen angeblicher Affären mit seinen Mitarbeiterinnen. Es sind Proteste von MeToo-Aktivisten zu erwarten. Peters lässt in seiner fiktionalen Erzählung auch prominente Persönlichkeiten unter anderen Namen agieren, arbeitet sie nach seinem Vorbild Wolfgang Koeppen in Romanfiguren um. Peters lehnt sich in seiner Trilogie "Der Sandkasten" (2022), "Krähen im Park" (2023) und "Innerstädtischer Tod" (2024) an Koeppens Trilogie "Tauben im Gras", "Das Treibhaus" und "Tod in Rom" an.
In ihren Persönlichkeitsrechten verletzt fühlen sich durch "Innerstädtischer Tod" nun der Berliner Galerist Johann König und dessen Frau Lena. 2022 hatte "Die Zeit" über Vorwürfe gegen Johann König wegen sexueller Belästigung und Machtmissbrauchs berichtet, so Platthaus weiter. Dagegen klagte König und hätte in Teilen recht bekommen.
Einer der Schauplätze von "Innerstädtischer Tod" ist die fiktive Galerie Konrad Raspe. Königs Anwalt sehe in Figurenzeichnung und Ortswahl einen für Außenstehende klar erkennbaren Bezug auf seinen Mandanten. Allerdings weise die Örtlichkeit im Roman eine andere Architektur auf, merkt Platthaus an, und Peters bemühe sich, die durch tatsächliche Ereignisse angeregte Handlungskonstellation zu verfremden. Das zeige sich etwa darin, dass sich bekannte Merkmale realer Persönlichkeiten deutlich von denen der Romanfiguren unterscheiden. Eine genaue Betrachtung der im Antrag inkriminierten Romanpassagen weise zudem aus, so Platthaus, dass Christoph Peters sehr genau weiß, was über den Fall König behauptet werden darf und was nicht.
Update, 11. Februar: Die Pressestelle des Hanseatischen Oberlandesgerichts (OLG) bestätigt auf Anfrage den Eingang des Antrags. Es sei bislang noch keine Entscheidung ergangen, "eine solche wird voraussichtlich in den nächsten Wochen ergehen".