Bastei Lübbe: Übersetzer:innen planen Protestaktion

VdÜ fordert bessere Bedingungen

9. September 2024
Redaktion Börsenblatt

Der Übersetzerverband VdÜ in ver.di ruft vor der Aktionärsversammlung der Bastei Lübbe AG in Köln zur Protestaktion auf. Grund seien die schlechten Vertragsbedingungen für Übersetzer:innen trotz eines höheren Gewinns des Unternehmens. Bei der Bastei Lübbe zeigt man sich überrascht.

Wörterbücher auf einem Schreibtisch, die von einer Hand gehalten werden

Der Verband deutscher Übersetzer:innen bezeichnet die Vertragsbedingungen für Literaturübersetzer:innen bei Bastei Lübbe in der Ankündigung seiner Protestaktion als die „womöglich schlechtesten Vertragsbedingungen branchenweit".

Die Seitenhonorare würden teils weit unter denen anderer Publikumsverlage liegen, „die auch schon kaum ein nachhaltiges Wirtschaften ermöglichen“. Zugleich würden die „höchstrichterlich festgestellten Mindestbeteiligungen am Umsatz und an den Lizenzlösen in den Übersetzungsverträgen systematisch unterlaufen werden“, schreibt der VdÜ. „Übersetzer·innen sind Urheber·innen und bilden als solche die Grundlage für das Geschäftsmodell des Konzerns. Darum müssen sie besser honoriert werden.“

Bei der Bastei Lübbe AG ist man überrascht: „Weder von unseren Übersetzer:innen noch vom Verband haben wir zuletzt nennenswerte Kritik erfahren. Im Gegenteil: Wir haben bisher mit den Übersetzer:innen stets gute einvernehmliche Lösungen gefunden. Das spiegelt sich in dieser Kritik überhaupt nicht wider“, erläutert Programmvorstand Simon Decot auf Börsenblatt-Anfrage. Zugleich signalisiert er Gesprächsbereitschaft: „Wir teilen die Auffassung des VdÜ an vielen Stellen nicht und halten einige Aussagen für schlicht falsch. Dennoch stehen wir Gesprächen sehr offen gegenüber“, so Decot. „Wir setzen weiterhin stark auf die unverzichtbaren Leistungen unserer Übersetzer:innen und sind natürlich daran interessiert, eine für beide Seiten gute Lösung zu finden.“

Im Kern kritisiert der VdÜ in seiner Pressemitteilung, dass die Mindestbeteiligungen „in den allermeisten Fällen schlicht ausgehebelt“ würden. Statt ab 5.000 verkauften Exemplaren zusätzlich zum Seitenhonorar eine Absatzbeteiligung zu zahlen, beteilige der Verlag die Übersetzer:innen erst nach der Verrechnung des bereits gezahlten Seitenhonorars –„dies allerdings schon ab dem ersten Exemplar“, kommentiert Bastei Lübbe. Diese Regelung mahnt der VdÜ an: „Damit Übersetzer·innen überhaupt in den Genuss einer Absatzbeteiligung kommen, muss sich ein Titel knapp 100.000mal verkaufen – und um als Erfolgsbeteiligung spürbar zu werden, deutlich häufiger. Da diese Verkaufszahlen von immer weniger Titeln erreicht werden, gehen die meisten Kolleg·innen leer aus“, so der VdÜ.

VdÜ in ver.di ruft am 11. September von 9 bis 10 Uhr zu einer Protestaktion vor dem Gebäude am MediaPark in Köln auf, bei der die Aktionär:innen über „Missstände bei der Honorierung der Übersetzer:innen informiert werden sollen“.

Lübbe-Vorstand Simon Decot empfindet die „angekündigte Protestaktion ohne jegliches vorheriges Gesprächsangebot als unnötige politische Instrumentalisierung unserer Hauptversammlung. Wir haben nun von uns aus das Gespräch mit dem VdÜ gesucht, um in der Sache vorwärtszukommen.“

Das fordert der Berufsverband vom Verlag:

  • eine Umsatzbeteiligung der Übersetzer·innen ab dem ersten verkauften Exemplar, die nicht auf das Grundhonorar angerechnet wird
  • die Anwendung des zwischen VdÜ und dem Börsenverein des deutschen Buchhandels geschlossenen Normvertrags für den Abschluss von Übersetzungsverträgen
  • Seitenhonorare von mindestens 25 Euro, um die Inflation auszugleichen

Das fordert der VdÜ von der Politik:

  • eine gesetzliche Festschreibung von Mindesthonoraren für Übersetzungen außerhalb des juristischen Bereichs analog zum JVEG
  • eine Verlagsförderung für Kleinverlage, damit die Vielfalt der literarischen Landschaft erhalten bleibt, die nicht nur für Übersetzer·innen wichtig ist
  • ein Verbandsklagerecht, damit Übersetzer·innen gegen Verstöße gegen das Urhebervertragsrecht vorgehen können, ohne fürchten zu müssen, dass sie auf einer Blacklist landen und ihren Lebensunterhalt verlieren.