Die Sonntagsfrage

Ist für den Buchladen im Bremer Ostertor jetzt ein Käufer in Sicht?

20. März 2022
Redaktion Börsenblatt

Mario Bernabeo und Andreas Haufe möchten ihren Buchladen im Ostertor zum Jahresende verkaufen. Aus Altersgründen. Die Verkaufsanzeige gestalteten die zwei Anfang des Jahres erstaunlich transparent, Umsatz, Mietzins – stand alles drin. Ob die Nachfolgesuche erfolgreich war, verraten die Inhaber des 1977 im Kollektiv gegründeten alternativen Buchladens in der Sonntagsfrage.

Sie nennen in Ihrer Suchanzeige nach einem Nachfolger für Ihre Buchhandlung in sympathischer - nicht unbedingt üblicher - Offenheit die Konditionen, warum?
Mario Bernabeo:
Wir wollen mit offenen Karten spielen, weder die ganz realen Bedingungen, aber ebenso wenig die Reize verheimlichen, die unsere Nachfolger bei der Übernahme des Ladens vorfinden werden. Heute ist die Situation eine andere, als wir sie vorfanden, als der Laden 1977 gegründet wurde. Damals gab es keine Konkurrenz in Bremen für eine Neugründung dieser Charakteristiken, keinen Internet-Buchhandel, nein, noch nicht einmal das Internet mit seinen Vorzügen und Nachteilen. Insofern verdient heute jeder Interessent komplette Transparenz.

Welche Zukunft wünschen Sie sich für den Buchladen im Ostertor?
Andreas Haufe:
Natürlich fürchten wir auch den Moment, wenn wir unser „Kind“ in eine neue Epoche entlassen werden, aber wir wünschen ihm eine lange weitere Lebenszeit. Der Laden hätte es verdient, nach wie vor stellt er eine feste Größe in der breiten und vielfältigen Bremer Buchhandelsszene dar, hat seinen Standort im zweifellos vitalsten Quartier der Stadt. Und seitdem wir unsere Pläne öffentlich gemacht haben, erreichen uns auf allen Ebenen wohltuende bis berührende Sympathiebekundungen und der überwältigende Wunsch, dass der Laden weiter seinen Platz und seine Rolle behalten soll. Selbst die Bremer Tageszeitung, der Weser-Kurier mit seiner Druckauslage von 120.000 Exemplaren, wurde auf unsere Suche aufmerksam und machte ein sehr vorteilhaftes Interview mit uns beiden!

Hat sich jemand gemeldet? Sind die Verkaufspapiere schon unterschrieben?
Mario Bernabeo:
Nein, konkrete Verhandlungen gibt es noch nicht. Uns haben allerdings verschiedenste Interessenten erreicht, sowohl von Buchhandelskollegen wie Quereinsteigern, aus der Stadt selbst und ihrer Umgebung, aber auch bundesweit. Aber noch ist nichts in trockenen Tüchern, das „Rennen“ noch vollkommen offen. Und dass eine Entscheidung einer solchen Übernahme mit sorgsamem Bedacht getroffen werden muss, liegt ja nun auch in unserem eigenen Interesse, wenn wir den Laden am Leben erhalten wollen!

Was passiert mit der Buchhandlung, wenn sich bis zum Jahresende kein Käufer findet? Machen Sie dann einfach weiter?
Andreas Haufe:
Wir gestehen offen, dass wir in diesem Fall ökonomisch nicht ins Straucheln kommen würden, denn wir beide sind die Eigentümer des Ladens und ein Ladenlokal in dieser Umgebung findet sofort einen Abnehmer. Aber nein, wir wollen mit allen unseren Kräften erreichen, dass er weiter diese Buchhandlung beherbergt. Und uns als Vermieter zu haben, wird für die neuen Betreiber eine nicht zu unterschätzende Garantie bedeuten, denn wir würden die Mietkosten wie Vertragsdauer sehr fair gestalten und uns nicht an den harten Bedingungen des freien Immobilienmarktes in unserem Viertel orientieren.

Möchten Sie hier hoch einmal für Ihre Buchhandlung trommeln? Was sind die Vorzüge? 
Mario Bernabeo:
Ja, sehr gerne! Der Laden stellt als erste Bremer alternative Buchhandlung mit seinen 45 Jahren der Existenz nach wie vor eine feste Position in der Szene der Bremer Buchhandelssortimente dar, er zählt auf einen großen, vielgefächerten Kundenstamm, bietet mit seinen Räumen eine unserem Gewerbe angemessenen Rahmen, ist verkehrstechnisch von allen Ecken der Stadt fußläufig, mit dem Fahrrad und dem ÖPNV bestens zu erreichen. Außerdem hat sich Bremen längst mit seinen knapp 40.000 Studenten zu einer attraktiven Hochschulstadt entwickelt. Auch die zwei langen Jahre der Pandemie hat er schadlos, sogar ohne Umsatzverluste überstanden. Das spricht auch für sein solides standing.

Und wo liegen die Haken?
Andreas Haufe:
Nicht verhehlen wollen wir unsere eigenen Versäumnisse der letzten Zeit: wir haben uns zu wenig um die Einbindung unseres Ladens in die Landschaften der Social Media gesorgt. Auch eine tiefere Vernetzung mit der sehr lebendigen Bremer Literaturszene bietet willkommene und dankbare Möglichkeiten mit Lesungen, Workshops oder anderen kulturelle Veranstaltungen.
Mario Bernabeo: Es versteht sich von selbst, dass wir natürlich jedem Team, das den Laden übernehmen sollte, in der gewünschten Form mit Rat, aber besonders der Tat zur Seite stehen und in die ganz speziellen Geheimnisse unseres schönen Ladens einweihen werden.
Andreas Haufe: Noch etwas Nettes aus unserem lebendigen Alltag: vor welcher Buchhandlung macht schon die schwarze Staatslimousine einen Stopp in der zweiten Reihe, aus der dann der Präsident des Bremer Senats, in Personalunion als Bürgermeister und Kultursenator der Stadt, herausspringt, in den Laden eilt und schnell ein Geburtstagsgeschenk kauft und wieder zurück in den Wagen hastet, um womöglich rechtzeitig zur nächsten Zoom-Bund-Länder-Konferenz zum Thema der Pandemie-Lockerungen wieder ins Rathaus zu fahren? So geschehen dieser Tage. Bei uns ist halt immer etwas los. Das macht auch den besonderen Reiz unseres Ladens aus. Und das soll so bleiben! Und –-- so ist eben auch Bremen.

Hier geht es zur Anzeige des Buchladens im Ostertor!