Es gehe ihr zunächst darum, ein Buch nach seinem Rhythmus zu befragen, so Jutta Person im Gespräch mit Maike Albath (die ebenfalls, 2002, mit dem Alfred-Kerr-Preis für Literaturkritik ausgezeichnet wurde). "Ich möchte verstehen, wie es sich gebildet hat. Ein Buch zu lesen ist so wie Musik hören, man achtet auf die Satzmelodien und die Form", so Person. Für das Verständnis eines neuen Buches sei die literaturwissenschaftliche Expertise ganz entscheidend: "Die Einordnung in den Kontext ist das A und O". Dafür müsse man sich häufig auch selber noch mal schlau machen.
Was die Bewertung von Büchern angeht, ist Jutta Person vorsichtig. Zuerst wolle sie wissen, was das Buch will; erst im zweiten Schritt nehme sie eine Bewertung vor. Sollte es ein Verriss werden, so greife sie bei aller Schärfe niemals die Person des Autors oder der Autorin an, sagt Person.
Zum Stellenwert der Literaturkritik bemerkt Jutta Person: "Wir brauchen sie, weil sie Texte aufschlüsselt, ins öffentliche Gespräch bringt, und weil sie uns reicher macht mit neuen Horizonten." Auch wenn das Format derzeit nicht beliebt sei: Die Kerr-Preisträgerin des Jahres 2023 bricht "eine Lanze für klassische, lange Rezensionen".