Öl in der Buchhandlung von Anne Treib

"Wir mussten unseren kompletten Warenbestand verramschen"

6. Juni 2024
von Charline Vorherr

Mit Öl kontaminiertes Hochwasser traf vor Pfingsten die Buchhandlung Anne Treib im saarländischen Lebach. Schnell musste ein vorübergehendes Ausweichquartier gefunden werden – denn die Schäden sind größer als zunächst erhofft. Im Gespräch mit dem Börsenblatt berichtet die Buchhändlerin, wie es weitergeht.

Das Hochwasser in Lebach, Saarland traf auf Anne Treib Buch + Papier

"Halb so schlimm", war die erste Einschätzung von Buchhändlerin Anne Treib, nachdem die Wassermassen am Freitag vor Pfingsten ihre gleichnamige Buchhandlung im saarländischen Lebach, Landkreis Saarlouis, trafen. Als die Fußgängerzone von der Feuerwehr evakuiert wurde, hatte Anne Treib ihre Ware bereits hochgeräumt, ehe sie den Laden auf Anweisung der Beamten verlassen musste. Sandsäcke vor der Tür sollten das Geschäft vor dem Hochwasser aus der überlaufenden, unweit der Buchhandlung gelegenen Theel schützen.

"Dann mussten wir die Nacht abwarten", berichtet Anne Treib. Hinweise auf das Ausmaß konnte sie nur durch den Blick von außen nach innen erhaschen. "Als wir am Samstag wieder in die Buchhandlung kamen, stand das Wasser nur 10 cm hoch, den Büchern ging es gut und nur ein paar Kisten waren beschädigt." Mit der ersten Erleichterung, trat jedoch auch ein starker Ölgeruch in die Nase.

 

Offenbar waren Fässer in der Stadt kaputt gegangen. Das ausgetretene Öl wurde durch die Wassermassen in Anne Treibs Buchhandlung geflutet. In den darauffolgenden Tagen räumte die Buchhändlerin gemeinsam mit ihrem Team auf. Ein Freund mit Tankstelle half mit Bindemittel gegen das Öl aus, ein weiterer Freund mit Fußbodengeschäft säuberte und entfernte gemeinsam mit seiner Mannschaft den Fußboden.  

Zu diesem Zeitpunkt war die Buchhändlerin noch guter Dinge. "Wir hatten zwar durch den vollgelaufenen Keller keinen Strom, aber waren sicher, sobald der Strom wieder da ist, machen wir wieder auf." Ende der Woche, so der Plan.

Das Team nach den Aufräumarbeiten.

Dann der Schock. Ein Sachverständiger, der die Buchhandlung mittwochs nach dem Unwetter besichtige, beurteilte die Wände und Fußböden als sanierungsbedürftig. "Das war ein ganz großer Schock", so Anne Treib im Gespräch mit dem Börsenblatt. Mit dieser Möglichkeit habe sie im Hinterkopf zwar gerechnet, hatte es aber erstmal nicht wahrhaben wollen. Unklar blieb vorerst, ob die Ware weiter verkauft werden darf. Sicherheit gab dann der Toxikologe am Montag darauf: "Meine ganze Ware musste verramscht werden", so Treib. Grund waren die Gase, die aus dem Öl austraten und damit auch die Bücher, die in der 210 Quadratmeter großen Buchhandlung standen, kontaminierten.  Ein geschätzter Schaden von 250.000 Euro Warenwert, gegen den die Buchhändlerin zum Glück versichert ist. Auch ihre Holzregale müssen saniert werden. Die Metallregale und Computer dürfen weiter benutzt werden. Um die Sanierung des Ladenlokals kümmert sich ihr Vermieter.

Seit Freitag, 31. Mai, finden Kund:innen Anne Treib bei Britz Fußbodentechnik. 

Eine Übergangslösung musste her, auch angesichts des anrollenden Schulbuchgeschäfts. Denn an ihren eigentlichen Standort direkt am Markt, eine 1A-Lage für die Kleinstadt Lebach, will die Buchhändlerin auf jeden Fall zurück. Der Freund mit dem Fußbodengeschäft, der schon den ölgetränkten Boden rausriss, bot seine Geschäftsräume als Ausweichquartier an.

Seit Freitag, 31. Mai, ist die Buchhändlerin mit ihrem Team in den rund 120 Quadratmeter großen Geschäftsraumen der Firma "Britz Fußbodentechnik" vor Ort. "Wir sind mit Nullwarenbestand und Computer ins Ausweichquartier gezogen", berichtet Anne Treib. Alle offenen Bestellungen wurden umgeleitet, neue Ware über Anabel und Umbreit bestellt und Kund:innen informiert, dass wieder Bücher zu kaufen sind. Nur auf die Schreibwaren, das zweite Standbein des Geschäfts, muss die Buchhändlerin länger warten.

Wann "Anne Treib Buch + Papier" wieder in die alten Räumlichkeiten ziehen kann, steht noch nicht fest. Das hängt von der Dauer der Sanierungsarbeiten ab und kann mindestens einen Monat dauern – bis dahin läuft der Betrieb im Ausreichquartier inklusive Abholfach weiter. Der Versicherungsschutz gegen den Schaden der Bücher lindert zumindest den Schmerz, auch wenn das Arbeitspensum enorm ist: Das anstehende Schulbuchgeschäft kommt aus wirtschaftlicher Sicht zwar passend, aber noch kräftezehrender als ohnehin parallel zum Hochwasserschaden. „Zum Glück sind wir gut mit den Schulen vernetzt“, freut sich Anne Treib. „Wir packen seit Jahren in den Schulen und nicht im Laden aus. Dann müssen wir hier im Ausweichquartier nicht für noch mehr Unordnung sorgen.“

Dankbar zeigt sich Anne Treib außerdem gegenüber ihren Kund:innen: "Sie sind sehr liebevoll und unterstützend, helfen uns mit dem Räumen und bringen uns Kuchen vorbei."

Bis auf weiteres ist Anne Treib mit ihrer Buchhandlung in der Heeresstraße 31 in Lebach zu finden. Zu erreichen ist sie für ihre Kund:innen und für Verlage unter der gewohnten Nummer. 

Das Übergangsquartier.