Die Leipziger Buchmesse hat die dreijährige Zwangspause für eine Denk- und Findungsphase genutzt, um alte Zöpfe abzuschneiden und neue Formate ins Werk zu setzen – Dinge, die im heißlaufenden Betrieb oft unterbleiben. Die Förderung durch die Kulturstaatsministerin macht es möglich, die Messe auch ein Stück weit als ergebnisoffenes Ideenlabor zu begreifen. Im Fokus aller fünf neuen Projekte: das Wort, die Literatur und der Diskurs. Neben einer Buchhandelstour im Vorfeld (»Your Place to read«, 9. März bis 19. April) eröffnet heuer mit der #buchbar ein neuer Ort, der Begegnungen mit Autorinnen und Autoren intimer und womöglich kommunikativer macht: Kern des neu gestalteten Standes in Halle 2 ist ein »community table«, ein langer Tisch, an dem jeweils bis zu sechs Autorinnen und Autoren bei Kaffee und Croissants auf Publikum treffen. Für Oliver Zille ist das thematisch geclusterte Programm, in das sich Verlage einbuchen konnten, das womöglich experimentellste Forum der Messe: »Es ist ein Trau-dich-Format, das sowohl von Autoren wie vom Publikum Mut verlangt, da es nicht nur um einzelne Bücher geht.«
Im Forum Offene Gesellschaft widmen sich prominente Diskutanten wie Ilija Trojanow, Harald Welzer, Zoë Beck oder Asal Dardan in einstündigen Slots drängenden Themen von Demokratie und Integration bis zu Krieg und Menschenrechten. Zu den Partnern gehören die IG Meinungsfreiheit des Börsenvereins, die Bundeszentrale für politische Bildung, das PEN-Zentrum Deutschland und das Aktionsbündnis Verlage gegen Rechts.
Der JugendCampus UVERSE in Halle 2 ist so etwas wie die Kreativwerkstatt für den Buchmesse-Nachwuchs zwischen zehn und 22 Jahren. Damit diese Vielfalt noch mehr Menschen erreicht, geht die Leipziger Buchmesse in diesem Jahr erstmals on air. Auf einer großen LED-Wand auf dem Leipziger Marktplatz und natürlich im Stream auf der Buchmesse-Website werden Highlights wie die Eröffnung, wichtige Preisverleihungen, ausgewählte Lesungen und Interviews und das Programm ausgewählter Formate wie Forum Offene Gesellschaft übertragen. »Auch in puncto Digitalisierung«, so Oliver Zille, »wissen wir nach drei Jahren Corona-Modus erheblich besser, was essenziell ist, wo man experimentieren kann – und wo vielleicht auch nicht.«
Parallel zur Leipziger Buchmesse wird es auf dem Gelände der Kulturfabrik Werk 2 die 2021 aus der Taufe gehobene Klimabuchmesse (www.klimabuchmesse.de) geben, die inzwischen als gemeinnütziger Verein organisiert ist. Am Messefreitag und Messesamstag lädt die von abooks.de präsentierte, von der Buchmesse unterstützte 29. Leipziger Antiquariatsmesse in die Salles de Pologne in der Innenstadt ein; die vorläufige Ausstellerliste nennt aktuell gut 40 Firmen (www.leipziger-antiquariatsmesse-23.de).
Eine spezielle Veranstaltung aus dem großen Leipzig liest-Füllhorn mag Oliver Zille aktuell noch nicht herausgreifen. Der Buchmesse-Direktor freut sich wie sein Team auf die Rückkehr des großen Bücherfests. Und hält es, wie sein Frankfurter Ex-Kollege Peter Weidhaas, mit dem Prinzip serendipity, dem schönen Zufall. »Am Sonntagvormittag werde ich, wie zuletzt 2019, irgendwo in Halle 5 an einer Gangkreuzung stehen. Und mit Sicherheit auch dort tolle, überraschende Begegnungen haben.«