Die Preisbindung ist politisch im Moment nicht bedroht, es sei denn, wir selbst gefährden sie – und dabei gäbe es keine Sieger, nur Verlierer. In der Frage der Rabattspreizung und des Paragraphen 6.3. haben zwei Umfragen erste positive Effekte erzielt. Es liegt in unserer Macht, die Schere weiter zu schließen!
Umso bedauerlicher ist es, dass die strukturelle Verlagsförderung, für die wir mit Vehemenz eingetreten sind den Haushaltssparzwängen zum Opfer gefallen ist. Das ist ein herber Schlag. Die Fortführung des Kulturpasses, wenngleich mit halber Kraft begrüßen wir. Für die weitere Zukunft des Kulturpasses ist es aber zwingend erforderlich, Mittel in ausreichender Höhe zur Verfügung zu stellen und zu den ursprünglichen 200.- Euro pro Person zurückzukehren.
Das wirtschaftliche Auskommen in der Branche bereitet mir ernste Sorgen. Die Ladenpreise sind gestiegen, die Backlist aber wirkt mit Ladenpreisen aus vergangenen Zeiten je nach Umsatzanteil mehr oder weniger renditedämpfend.
Nur den Preissteigerungen verdanken wir ein gutes 2023: der Gesamtumsatz stieg um 2,9 % gegenüber Vorjahr und selbst das Vor-Pandemiejahr 2019 konnten wir um 1,6 % übertreffen, der Absatz aber lag knapp 2 % unter Vorjahr und satte 8,4 % unter 2019.
Zu Recht weisen Handel und Zwischenbuchhandel darauf hin, dass wir Verlage mit der Festlegung der Ladenpreise
den wesentlichen Hebel der Wertschöpfung in der Hand haben. Gleichzeitig gilt: Nur ein von den Leser:innen auch gezahlter Preis setzt das Karussell in Bewegung.
Noch im ersten Quartal dieses Jahres laden wir Vertreter:innen der drei Sparten zu einem Workshop „Wirtschaftlichkeit in der Branche“ ein. Gemeinsam wollen wir erörtern, an welchen Stellschrauben gedreht werden kann und darf, um Wege aus der Kostenkrise zu finden.
Das können wir tatsächlich nur gemeinsam.
So wie die gesamte Arbeit des Börsenvereins nur so erfolgreich sein kann, wie wir VEREINT agieren, also miteinander.
Um dieses Miteinander mache ich mir Sorgen. Es kostet Kraft, dieses Miteinander, auch die Kraft, Kompromisse zu verhandeln.
Das Auseinanderdriften der Sparten und mindestens ebenso das Auseinanderdriften der Unternehmensrealitäten in der Branche bedrohen das Miteinander. Partikularinteressen zu vertreten fühlt sich vielleicht erfolgversprechender an, als für das große Ganze einzustehen, Bündnisse bröckeln …
Und so wie in der Welt spielen auch in der Branche Unsicherheit und Angst eine wesentliche Rolle, kleine Verlage stehen an der Grenze ihrer Handlungsfähigkeit, kleine Buchhandlungen bangen um ihre Konkurrenzfähigkeit.
Keine einfache Zeit für Haupt- und Ehrenamt.
Ihre Wunschliste zum Jahresanfang würden vermutlich 99,9% der Menschen unterschreiben, die in der Buchbranche arbeiten. Mit den "durchaus berechtigten Einzelkritiken", die zu "heftigen Shitstorms" geführt haben, meinen Sie wahrscheinlich den jüngsten Fall, der den Piper Verlag betrifft. Die Kolleg*innen des Piper Verlags werden (übrigens bis zum heutigen Tag!) auf Social Media beschimpft und beleidigt. Hier würde ich mir Solidarität von den Publikumsverlagen wünschen, die zwar heilfroh sind, aktuell nicht betroffen zu sein, aber gleichzeitig eine Sch**ßangst davor haben, das nächste Shitstorm-Opfer zu werden. (Gab es da nicht mal eine "AG Freiheit des Wortes" oder so ähnlich?)
Auch wenn es aussichtslos erscheint, mit Argumenten gegen die Eiferer und Geiferer im Netz anzukommen, sollte ein Börsenverein gerade in solchen Fällen Stellung beziehen, damit er sich nicht selbst zu einem Sonntagsredenverein degradiert.