Ein schönes Praxis-Beispiel für mehr Sichtbarkeit aus der analogen Welt lieferte Katja Völkel vom Ultraviolett Verlag in Dresden. Sie konnte im April/Mai sechs Wochen lang den 80 Quadratmeter großen Pop-up-Store "Welt der Bücher" in ihrer Heimatstadt öffnen. Gefördert wurde das von der Stadt Dresden mit Mitteln aus dem Innenstadtprogramm "Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren" des Bundes. Ein Vorteil der mehrfach für diese Zwecke genutzten Fläche: Möbel waren bereits vorhanden. "Ich habe trotzdem meinen Kindern die Couch aus dem Zimmer geklaut", so Völkel mit einem Augenzwinkern. Sie versuchte, die Kreativszene vor Ort mit einzubinden, hatte einen Kalligrafen für eine Ausstellung gewonnen und arbeitete mit dem Netzwerk Schöne Bücher zusammen. Beim Sortiment setzte sie auf möglichst viele Genres, auch Regionales war vertreten.
Ihr Fazit: Einerseits sei es ein recht hoher Aufwand gewesen und der finanzielle Ertrag sei gering. Andererseits hätte sie vom Perspektivwechsel profitiert und ihre Vernetzung innerhalb der Stadt ausgebaut. Das könnte sich für die Zukunft positiv auswirken.
Zu Kooperationen riet auch "Überraschungsgast" Nadja Kneissler, noch bis zur Buchmesse Vorsitzende im Ausschuss für Verlage. Sie bedankte sich für die Zusammenarbeit, die teils auch reibungsvoll gewesen sei. "Aber Reibung bringt Energie".
Tag 2 bot weitere nützliche Praxis-Beispiele – und viel Diskussionsstoff. Buchhändler Daniel Hagemann aus dem Sprecher:innenkreis der IG Unabhängiges Sortiment (IGUS), gab offen Einblicke in seine Sortimentsgestaltung. Er betreibt im nördlichen Hamburg zwei Stadtteil-Buchhandlungen (je 100 Quadratmeter, je vier Leute, inklusive je eine Auszubildende). Hagemann hatte das Programm der IGUV-Tagung mit großem Interesse verfolgt und stellte fest: "Wir haben alle die gleichen Probleme – wie gehen wir damit um?"
Hat er Bücher unabhängiger Verlage im Laden?, fragten ihn die Verleger:innen. "Ein Buch einfach hinzulegen, macht nicht, dass ich es verkaufe", so die klare Ansage Hagemanns, "dann liegt es da und nach einem Jahr remittiere ich es." Aber das Beispiel von Katja Völkel vom Vortag hatte ihn inspiriert. Er könne sich einen Shop-in-Shop in einer Ecke in seinem Laden vorstellen, den die Indies immer mal wieder bespielen. "Ihr kennt Eure Bücher besser, könnt sie besser verkaufen". Man müsse die Kund:innen zum Stehenbleiben animieren. Denn so, seine Beobachtung, seit Corona seien die Zielkäufe mehr geworden, das Stöbern weniger.