Best Practice zu Barrierefreiheit in Produktmetadaten

"Wie barrierefrei Literatur ist, geht uns alle an"

11. September 2024
Michael Roesler-Graichen

Mitte 2025 wird Barrierefreiheit Pflicht. Produkte müssen so in Online-Shops auffindbar sein, dass Menschen mit visuellen oder anderen Einschränkungen sie nutzen können. Die Barrierefreiheits-Features müssen nicht nur in den Metadaten des Produkts, sondern auch in den Beschreibungsdaten enthalten sein. Wie das geht, zeigt ein Best Practice der IG Produktmetadaten. Die Taskforce Barrierefreiheit beantwortet die wichtigsten Fragen.

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Das folgende Interview wurde geführt mit Nina Rubach (bookwire), Paul Gilius (3w+p) und Detlef Bauer (libri), Mitglieder der Taskforce Barrierefreiheit im Börsenverein. Mehr über die Taskforce erfahren Sie hier.

Weshalb müssen Aussagen zur Zugänglichkeit eines Produktes in den Produktmetadaten der ONIX-Datei hinterlegt sein?

Alle Leser:innen benötigen Informationen zur Zugänglichkeit eines E-Books. Diese Informationen brauchen sie, bevor sie das Buch kaufen. Daher müssen die beschreibenden Metadaten eines Buches eine Aussage treffen, wie zugänglich ein Buch ist, etwa ob alternative beschreibende Bildtexte oder ein vollständiges und korrekt ausgezeichnetes Inhaltsverzeichnis vorhanden sind.

Alle Metadatenmanager:innen sollten das Best Practice-Papier gelesen haben.

Taskforce Barrierefreiheit

Download: Hier geht es zum Best Practice-Papier

  • Warum werden Metadaten zur Barrierefreiheit in ONIX dargestellt und auch in die E-Book-Datei, also in das EPUB selbst eingefügt? Einfach gesagt, müssen interessierte Käufer:innen bereits vor dem Kauf wissen, ob ein E-Book ihren Bedürfnissen entspricht oder nicht.
  • Das leistet allein die Vorankündigung und die Produktbeschreibung eines Buches in ONIX. Das Best Practice-Papier zeigt daher als Kreuzverweis zwischen Asset- und ONIX-Produktmetadaten, wie das gelingen kann
  • Zum kostenfreien Download geht es hier.

Welche Funktionalitäten muss ein Lesesystem bereitstellen, um barrierefreies Lesen zu ermöglichen?

Zu den typischen Funktionen eines Lesesystems gehören etwa Anpassungen der Schriftgröße auf Bildschirmen oder eine allgemeine Text-to-Speech-Funktion – die durch eine Software unterstützte Vorlesefunktion eines E-Books. Typische Funktionen, die vom E-Book selbst bereitgestellt werden, sind dagegen etwa Navigation, Textbeschreibung von Illustrationen oder typografische Lösungen.

Wie ist das Zusammenspiel zwischen einem barrierefreien E-Book und einem Lesesystem?

Die wichtigste Bedingung für eine barrierefreies E-Book ist, dass es keine der von Lesesystemen bereitgestellten Funktionen der Barrierefreiheit absichtlich oder versehentlich deaktiviert. Daher ist besonders darauf zu achten, dass ein Digital Rights Management oder kurz DRM keine Funktionen der Barrierefreiheit ausschließt.

Wer außer Verlagen sollte Informationen zur Barrierefreiheit in ihren Metadaten nutzen?

Jede Endkundin und jeder Endkunde. Wir alle werden älter, wir sehen dann wahrscheinlich nicht mehr gut, wollen aber weiterhin lesen oder uns vorlesen lassen. Wir wollen Wissen erwerben und teilhaben an neuen Entwicklungen. Wie barrierefrei Literatur ist – das geht uns alle an.

Es kann sinnvoll sein, den Status der Barrierefreiheit einer Publikation schon während der Planungs- und Produktionsphase zu erfassen.

Taskforce Barrierefreiheit

Was haben Verlage ab 2025 zu beachten, beispielsweise im Hinblick auf die von ihnen verwendete Verlagssoftware?

Grundsätzlich sollten alle Metadaten, die in ONIX, EPUB und PDF potenziell enthalten sein können, auch in den Verlags- und Produktionssoftwares abgebildet werden. Entscheidungen zu Sonderfällen, zu denen bewusst keine barrierefreie Ausgabe vorliegt, sollten auch dokumentiert werden können. Im besten Fall sollte für jeden Titel eine aussagekräftige Begründung hinzugefügt werden, um offiziellen Prüfstellen oder Kunden auf Anfrage Auskunft über die Entscheidung zur oder gegen die Barrierefreiheit geben zu können. Auch kann es sinnvoll sein, den Status der Barrierefreiheit einer Publikation schon während der Planungs- und Produktionsphase zu erfassen. So könnten beispielsweise Backlist-Titel markiert werden, in die nachträglich Barrierefreiheitsfunktionen eingebaut werden sollen, damit sie im nächsten Produktionslauf beachtet werden können. Nach erfolgter Produktion muss jedoch zwangsweise eine Aktualisierung der Metadaten erfolgen, damit keine zunächst eingeplanten, jedoch nicht umgesetzten Funktionen an die Verkaufsportale und somit an die Kund:innen gemeldet werden.

Was müssen Metadatenmanager in Bezug auf Barrierefreiheit wissen?

Alle Metadatenmanager:innen sollten das Best Practice "Barrierefreiheit von Buch-Produkten in ihren Metadaten darstellen" der IG Produktmetadaten gelesen haben – dann wissen sie Bescheid.

Wie können Händler und Bibliotheken dafür sorgen, dass Barrierefreiheits-Informationen auf ihren Websites gefunden werden?

Einzelhändler und Bibliotheken werden über die Verarbeitung und gut sichtbare Darstellung der angebotenen Produkte in ihren Shops und Webanwendungen ihren Leser:innen alle Informationen zur Barrierefreiheit von Büchern leicht zugänglich und auf den ersten Blick erkennbar präsentieren. So entsteht ein rundum zufriedenstellendes Einkaufs- und Ausleih-Erlebnis für uns alle.