Bei welchen Themen sehen Sie weiteren Handlungsbedarf?
Die Zukunft der deutschen Buchbranche wird sich durch den Umgang mit dem Urheberrecht entscheiden, und zwar im Hinblick auf staatliches Handeln, aber auch mit Blick auf das eigene Verhalten. Über die vergangenen Jahre sind die Rahmenbedingungen für das geistige Eigentum, das existenzielle Grundlage der Arbeit der Branche ist, immer mehr beschnitten worden. Ein Beispiel: Das Urheberrechts-Wissensgesellschaftsgesetz, das bereits jetzt nachweislich große Einbrüche auf dem Lehrbuchmarkt verursacht hat, wurde ursprünglich auf fünf Jahre befristet, Bedingung war eine Evaluation. In diesem Jahr wurde das Gesetz ohne Evaluation entfristet. Ein anderes drängendes Thema, das wie ein Menetekel vor uns steht, ist die E-Book-Leihe in öffentlichen Bibliotheken. Eine Zwangslizenzierung, wie von den Bibliotheken gefordert, käme einer Teilenteignung der Verlage gleich. Die große Aufgabe für die nächste Legislaturperiode wird sein, die Rahmenbedingungen für die Onleihe so zu regeln, dass die Bibliotheken weiterhin ein so breites Angebot an E-Books anbieten und gleichzeitig Verlage und Autor*innen eine angemessene Vergütung erhalten. Generell aber gilt, dass der Wandel in der Gesellschaft mit dem Anspruch auf digitale sofortige Verfügbarkeit, verbunden mit Kostenfreiheit oder jedenfalls minimaler Vergütung, sich auch auf der politischen Ebene vollzieht. Deshalb wird der Kampf um ein faires Urheberrecht, so wie wir es bisher kennen, immer schwieriger (vielleicht aussichtsloser). Dazu brauchen wir einen Plan B, der der Branche trotz sehr schwachem Urheberrecht auskömmliche Erlöse sichert.
Wie kann ein Neuanfang für die durch die Pandemie geschwächten Innenstädte aussehen? Viele Buchhandlungen in A-Lage leiden unter den abnehmenden Besucherfrequenzen.
Eine der zentralen Fragen für die Kommunen wird sein, wie die Innenstädte wieder attraktiv werden können. Klar ist jetzt, dass der Einzelhandel neu erfunden werden muss. Der Buchhandel kann eine wichtige Rolle für die Attraktivität übernehmen – mit einem engmaschigen Netz aus 5 000 Buchhandlungen. Sie sind bereits jetzt perfekte »Dritte Orte«, in denen Begegnung und Austausch stattfindet. Diese können wir zu kulturellen Ereignisorten ausbauen, die Menschen wieder verstärkt in die Innenstädte und Ortskerne ziehen. Wir haben dazu ein Konzept entwickelt und sind mit Organisationen und politisch Verantwortlichen auf kommunaler und Bundesebene im Gespräch.