Mainzer Minipressen-Messe

Kunst am Buch

22. Mai 2023
von Hanna Feige und Petra Gass

Vier Tage Buchkunst zum Anfassen: Bei der 26. Mainzer Minipressen-Messe kamen 5.000 Bücherfreunde zusammen, um das Programm von Kleinverlagen und künstlerischen Handpressen zu sichten, zu diskutieren und zu kaufen.

Die Mainzer Minipressen-Messe heilt das pessimistische Denken vom Untergang der Buchkultur und sie pflegt die Liebe zu den besonders schönen Büchern.

Zitat mit zeitloser Gültigkeit aus einer V.O. Stomps-Laudatio früherer Jahre

In der Rheingoldhalle in Mainz herrschte über das Feiertagswochenende geschäftiges Treiben: Nach einer unfreiwillig langen Corona-Pause konnte die Minipressen-Messe – sonst im zweijährlichen Turnus - nun wieder stattfinden. Es kamen mehr als 200 internationale Klein- und Selbstverlage zusammen, die bibliophile Bücher und Kunstbücher mitbrachten, 5.000 Besucher wanderten zwischen den verschiedenen Ausstellern hin und her und vertieften sich in Gespräche mit Verleger:innen und Buchkünstler:innen. Liebevoll verzierte Bücher, handillustrierte Ausgaben, Holzschnitte und sogar Bücher aus Stein: Alles konnten die Besucher:innen begutachten und kaufen. Christine Hidringer hat die Mainzer Minipressen-Messe schon öfter besucht. Für sie sind das Besondere an der Veranstaltung die Personen hinter den Büchern. „Ich finde es unglaublich inspirierend, mir die verschiedenen Stände anzuschauen. Man merkt, dass die Menschen für das brennen, was sie tun“, sinniert sie.

Die Verlage, die ihre Publikationen ausstellen, sind vielfältig. So kann man zum Beispiel beim Verlag Ingo Cesaro Gedichtbände betrachten, die handgebunden sind und auch das Papier in die Kunst mit einbeziehen. An einem anderen stellt Bildhauer Thomas Schury Steine aus, die Bücher darstellen: „Das sind Lesesteine, keine Bücher. Viele Leute denken, es sind Bücher – das sind sie aber nicht. Das ist das gleiche Prinzip wie mit René Magrittes Pfeife: Das ist kein Buch, sondern das Abbild eines Buches.“ An einem anderen Stand kann man Kunstwerke betrachten, die per Holzschnitt oder Radierung kreiert wurden. Und wieder an einem anderen lassen sich handgeschriebene und -gezeichnete Aquarellbücher bestaunen. Der VA-Verlag brachte außer Büchern auch beleuchtete BookNooks mit, schmale Kunstwerke aus Holz, die im Bücherregal für optische Abwechslung sorgen.

Ondřej Cikán stellt die Bücher seines Ketos Verlags aus: Der in Wien und Prag beheimatete Verlag bringt tschechische Literatur in häufig zweisprachigen Ausgaben heraus. Seit 2018 ist Cikán mit dem Verlag aktiv, mit dem Gastlandstatus Tschechiens bei der Leipziger Buchmesse 2019 kam die Förderung für Cikáns Übersetzungen ins Rollen. „Eine schlechte Übersetzung kommt der Lüge gleich, aber eine gute Übersetzung braucht Zeit, viel Zeit.“ 

Auch die bibliophile Gutenberg-Gesellschaft ist vor Ort: Hier kann sich jeder in der mobilen Druckwerkstatt selbst am Drucken versuchen. Die Mainzer Buchwissenschaft stellt einen typographisch-künstlerischen Jahreskalender vor, den Studierende des Instituts gestaltet haben.

Auszeichnungen

Wie auf jeder Minipressen-Messe wurde der V.O. Stomps Preis vergeben. Dieser ging dieses Jahr an den bereits vielfach ausgezeichneten Rotopol-Verlag. Rita Fürstenau verlegt hingebungsvoll illustrierte Graphic Novels und Comics für jedes Alter.  Valeria von Bockmann, Verlagsmitarbeitern, betont: Wichtig sei die enge Zusammenarbeit mit den Künstler*innen für die besonderen Geschichten. 

Den Förderpreis erhielt der Berliner Verlag „edition wasser im turm“. Buchkünstler, Grafiker, Siebdrucker Cornelius Brändle verlegt neben Büchern und grafischen Mappenwerken auch ein illustriertes Periodikum.

Der Axel Dielmann Verlag aus Frankfurt erhielt einen undotierten Ehrenpreis für ein Mammutprojekt: die Sammlung aller literarischen Werke des Verlegers und Schriftsteller Victor Otto Stomps, Namensgeber des Preises und Initiator der ersten Kleinverlags- und Handpressenmessen in den 1960er Jahren.  

Wir möchten unsere Kunst mehr in den öffentlichen Raum bringen. Wir wollen noch mehr mit lokalen Galerien und Buchhandlungen in der Stadt zusammenarbeiten, um die Bücher und Drucke der Ausstellenden der Minipresse der Öffentlichkeit nahe zu bringen.

Jürgen Kipp, Kurator Mainzer Minipressen-Messe

Im Vergleich zu Vor-Pandemie-Jahren habe es einen Aufschwung der Besucherzahlen gegeben, erzählt Kurator Jürgen Kipp. Das habe man auch bei den Buchmessen in Frankfurt und Leipzig gesehen: „Die Leute sind ausgehungert und wollen jetzt auch wieder auf Veranstaltungen gehen“, erklärt Kipp. Auch die Buchverkäufe während der Messe hätten sich dieses Jahr erfreulich entwickelt.

Das Ziel der Messe sei klar: „Wir wollen einen Treffpunkt für unterschiedliche Verlage bieten, damit man sich untereinander austauschen kann. Außerdem ist die Minipressen-Messe ein Übungsplatz für kleine Verlage, um mit Kund:innen ins Gespräch zu kommen.“ Dem Austausch dient auch ein Fachprogramm für Verleger:innen, unter anderem zum Thema Nachhaltigkeit, wozu Annette Sievers (pmv) aus ihren Erfahrungen berichtete.

Besonders wichtig ist Kipp auch, dass die Messe ein Forum der Meinungsfreiheit darstellt. „Das freie Wort war schon immer ein wichtiges Gut und hier ganz besonders. Die Mainzer Minipressen-Messe ist ein Spiegel der Gesellschaft, hier soll sich jeder ausdrücken und ins Gespräch kommen können“, bekräftigt Kipp. Für die Zukunft wünscht sich der Kurator, für die inhaltlich wie organisatorische Weiterentwicklung der Messe seit vielen Jahren aktiv: „Wir möchten unsere Kunst mehr in den öffentlichen Raum bringen. Wir wollen noch mehr mit lokalen Galerien und Buchhandlungen in der Stadt zusammenarbeiten, um die Bücher und Drucke der Ausstellenden der Minipresse der Öffentlichkeit nahe zu bringen.“

Über die Mainzer Minipressen-Messe

Träger der Mainzer Minipressen-Messe ist die Stadt Mainz. Die Vorbereitung und Durchführung liegen in den Händen des Mainzer Minipressen-Archives des Gutenberg-Museums. Sie erfährt Unterstützung durch den Kultursommer des Landes Rheinland-Pfalz, dem Börsenverein und weiteren Sponsoren. Die Messe findet seit 1970 in zweijährlichem Turnus statt.