Reisetagebuch: Mairisch in Barcelona

Woche 3: Spaniens Hörbuchszene

17. Mai 2022
Daniel Beskos

Der mairisch Verlag hat seinen Verlagssitz für einige Wochen nach Barcelona verlegt. Das Team möchte die spanische und katalanische Buchwelt schon vor der Frankfurter Buchmesse 2022 gründlich kennenlernen. In Woche drei beschäftigt sich Mairisch mit der spanischen Hörbuchszene und dem Verhältnis von spanischer und deutscher Literatur.

Spanien ist das Gastland der Frankfurter Buchmesse 2022 – daher haben wir vom mairisch Verlag unseren Verlagssitz für einige Wochen nach Barcelona verlegt, um die spanische und katalanische Buchwelt kennenzulernen. In Gesprächen mit deren Akteuren wollen wir ihre Arbeit kennenlernen und Kontakte knüpfen. Wir wollen verstehen, wie die Buchszene Spaniens tickt und wie das Land durch die Corona-Zeit gekommen ist. Hier ein Rückblick auf unsere dritte und letzte Woche.

Am Montag sind wir im Goethe Institut zu Gast, wo uns Ursula Wahl mehr über die Arbeit des Instituts vor Ort erzählt, wir sprechen über den literarischen Austausch zwischen Deutschland und Spanien, über Übersetzungen und über die Entwicklungen der letzten Jahre.

Am Dienstag schließen wir unsere Kritiker*innentermine ab: Wir sprachen mit der Autorin und Übersetzerin Anna Punsoda, dem Kritiker und Autor Jordi Nopca und der Literaturexpertin Marina Espasa – alles drei sehr unterhaltsame, informative und überaus sympathische Gespräche, in denen wir viel von den aktuellen Themen der Literatur in Spanien und Katalonien erfahren. Und Jordi Nopca erzählt uns im Interview vom Autorendasein, von einem Interview mit Rammstein und von seinem Bartwuchs.

Im Institut Institut Ramon Llull erfahren wir mehr darüber, wie das Institut daran arbeitet, die katalanische Kultur und Literatur im Ausland bekannter zu machen – nicht zuletzt durch ein vielfältiges Förderprogramm, von dem u.a. auch deutsche Verlage profitieren können.

Ebenfalls am Dienstag besuchen wir Eva Moll von Vegueta Editiones. Das Verlagsbüro im schönen Viertel Eixample beeindruckt uns auf Anhieb. Besonders begeistert sind wir davon, dass Eva Moll im Erker die alte Schreibmaschine ihres Urgroßvaters stehen hat. Mit ihr unterhalten wir uns über den spanischen Blick auf deutsche Literatur. Sie verlegt nämlich u.a. Juli Zeh oder Jonas Lüscher.

Bei unseren Recherchereisen in die Länder der Buchmessegastländer gibt es immer wieder Treffen, die in besonderer Erinnerung bleiben, weil man Menschen begegnet, die mit einem ebenso ansteckenden wie inspirierenden Enthusiasmus von ihrer Arbeit erzählen. Das Treffen mit der ÂLBUM-Hauptverantwortlichen Clara Jubete und Thule-Verleger José Díaz ist eine solche Begegnung. Im Treffen erzählten sie uns, wie 25 unabhängige Kinderbuchverlage die Vereinigung ÂLBUM ins Leben gerufen haben, um sich gegenseitig bei Veranstaltungen und Buchmessen zu unterstützen und eine gemeinsame, unabhängige Lesekompetenzförderung auf die Beine zu stellen. Wie es dazu gekommen ist und welche kreativen Ansätze sie verfolgen, davon berichten sie im Interview.

Ebenso spannend ist unser Treffen mit dem Hörbuchverleger Albert Codina, denn natürlich wollten wir auch wissen, wie es mit Hörbüchern in Spanien aussieht – dazu haben wir ganz unterschiedliche Aussagen gehört. Eine Verlegerin erzählte uns zum Beispiel, dass Kinder in Spanien komplett ohne Hörbücher aufwachsen würden.

Wie der spanische Markt aussieht und wie es zu so unterschiedlichen Angaben kommt, erklärt uns der Hörbuchproduzent und ehemalige Booka-Hörbuchverleger Codina im Interview.

Während unserer Wochen haben wir uns auch durch die Buchhandlungen in Barcelona gearbeitet – es existieren wirklich einige sehr schöne dort, deren Besuch sich ausgesprochen lohnt.

Barcelona ohne Sagrada Familia, das geht nicht, haben wir uns gedacht – und recht gehabt. Wir haben immenses Glück und sind am frühen Morgen die ersten, die die noch leere, aber wunderschön lichtdurchflutete Basilika betreten dürfen.

Spontan haben wir am Donnerstag noch einen Besuch bei Edicions del Periscopi bekommen, in deren schicken neuen Büroräumen wir das großartige (und großartig gestaltete) Literaturprogramm des Verlags besser kennenlernen, in dessen Reihen sich auch internationale Autor*innen wie Sally Rooney, Colson Whitehead, David Foster Wallace und Marc-Uwe Kling wiederfinden.

Unser letzter Besuch war ein toller, überraschender Abschluss unserer Reise. Die Macher*innen vom Illustrationsprojekt THE BARCELONIAN haben uns zu sich in ihr beeindruckendes Haus eingeladen – im Keller befindet sich u.a. ein kleines Theater. THE BARCELONIAN ist ein kollektives Illustrationsprojekt, das durch die Titelseiten eines fiktiven Magazins eine Hommage an das legendäre Magazin THE NEW YORKER darstellt. Mehr als 100 Künstler*innen veranschaulichen ihre Beziehung zu Barcelona, und wir finden, dass das eigentlich auch eine Form von Reiseführer ist: Barcelona entdecken mit den Augen von Illustrator*innen.

Unsere Reise endet mit einem lustigen Abschlussabend mit unserer Agentur Casanovas & Lynch – ein wenig nostalgisch, dass die Zeit schon vorüber ist, zugleich voller Euphorie wegen der vielen neuen Eindrücke. Wir freuen uns schon sehr auf unsere nächste Verlagsreise. Und als Ausblick: In der nächsten Zeit erscheinen noch Artikel zu Barcelona-Reiseführern, eine Kontroverse zum Tapas-Essen und einige Interviews bei uns im Blog.