Niederländische Übersetzerin tritt zurück

Wer darf Amanda Gormans Lyrik übertragen?

5. März 2021
Redaktion Börsenblatt

Marieke Lucas Rijneveld will den Gedichtband von Amanda Gorman nicht mehr ins Niederländische übersetzen. Im Internet gab es Kritik an ihrer Ernennung – weil sie nicht schwarz ist.

Der Auftritt der jungen Lyrikerin Amanda Gorman war der Höhepunkt bei der Amtseinführung des U.S.-Präsidenten Joe Biden und wurde auch in Europa gewürdigt. Am 20. Januar hatte Gorman das Gedicht "The Hill We Climb" vorgetragen – kurz darauf hatte Hoffmann und Campe angekündigt, eine zweisprachige Ausgabe herausbringen zu wollen. Auch in den Niederlanden soll das Buch erscheinen – und zwar im Verlag Meulenhoff. Mit Marieke Lucas Rijneveld hatte der Verlag eine junge Übersetzerin und preisgekrönte Autorin gefunden – die sich jetzt aber vom Projekt distanziert. Vergangenen Freitag verkündete Rijneveld, den Auftrag jetzt abgelehnt zu haben – als Folge der heftigen Kritik daran, dass sie selbst nicht schwarz sei.

Sie verstehe die Menschen, die sich dadurch verletzt fühlten, dass der Verlag Meulenhoff sie gefragt habe, twitterte die Autorin. Der Meulenhoff Verlag teilte ebenfalls auf Twitter mit, dass es Rijnevelds Entscheidung war, den Vertrag zu kündigen. Gorman und ihr Team hätten die 29-jährige Kollegin als Übersetzerin selbst bestätigt und vereinbart, dass deren Text vor der Veröffentlichung einer "kritischen Leserschaft" zur Prüfung vorgelegt werden sollte, so Meulenhoff-Geschäftsführerin Maaike le Noble. Der Verlag versprach, nun ein geeignetes Übersetzer*innenteam zusammenstellen zu wollen.

In Deutschland wird Gormans Gedicht "The Hill We Climb" Kübra Gümüsay, Hadija Haruna-Oelker und Uda Strätling übersetzt. Die zweisprachige Ausgabe soll Ende März bei Hofmann und Campe erscheinen.