Sonntagsfrage mit der Edition Nautilus

Was hat der Unterstützungsaufruf gebracht, Franziska Otto?

8. September 2024
Redaktion Börsenblatt

"Die Lage für unabhängige Verlage wie uns ist ernst. Also prekär", hieß es Ende Juli in einem Aufruf der Edition Nautilus. Darin machte der Hamburger Verlag auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aufmerksam und rief zur Unterstützung auf. Was hat der Aufruf gebracht und was rät der Verlag anderen Indies?

Franziska Otto, Pressefrau und Gesellschafterin des Verlagskollektivs Edition Nautilus.

Erfreulicherweise gab es infolge unseres Aufrufs viel Zuspruch, viele Menschen haben Bücher in unserem Webshop und in Buchhandlungen gekauft, einige Buchhandlungen haben Schaufenster gemacht, es gab Spenden, was uns besonders gefreut hat – auch wenn wir den Aufruf gestartet haben, bevor uns das Wasser bis zum Hals steht. Zu spüren, dass die Edition Nautilus und ihr Programm so vielen Menschen etwas bedeutet, war ermutigend, besonders in dieser Situation.

Mit dem durch Bestellungen und Spenden eingespielten Geld können wir den anstehenden Druckkosten und zu zahlenden Honoraren etwas gelassener entgegensehen, wenn auch eher kurzfristig. Als Teil der Verlags- bzw. Glücksspielbranche blicken wir eigentlich immer optimistisch in die Zukunft, aber die aktuelle Situation ist schon besorgniserregend. So oft wie noch nie hört man von Buchhandlungen, die schließen müssen oder von großen Ketten übernommen werden, von Verlagen, die Personal entlassen oder ganz aufhören. Und Studien des Börsenvereins belegen ja, dass tatsächlich weniger Menschen Bücher kaufen: Im Jahr 2023 waren es mehr als 10 % weniger als 2019. Und bei Verlagen unserer Größenordnung sind die Umsätze im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr um durchschnittlich mehr als 17 % zurückgegangen! Das heißt, es handelt sich um ein strukturelles Problem.

So oft wie noch nie hört man von Buchhandlungen, die schließen müssen oder von großen Ketten übernommen werden, von Verlagen, die Personal entlassen oder ganz aufhören.

Franziska Otto, Edition Nautilus

Daher hat uns auch die Aufmerksamkeit in der Presse besonders gefreut, vor allem hier im Norden gab es einige Interviews, etwa bei NDR Kultur, im NDR Hamburg Journal oder im Abendblatt. Auch das Börsenblatt hat ja berichtet, und wir haben Gespräche mit Politiker:innen geführt. Neben der konkreten finanziellen Hilfe haben wir damit ein weiteres Ziel unseres Aufrufs erreicht: Wir wollten darauf aufmerksam machen, dass die Buchbranche in Gefahr ist. Nicht nur kleinere, unabhängige Verlage, sondern auch die Großen leiden unter sinkenden Umsätzen und schwindender Medienaufmerksamkeit. Wie viele Literatursendungen allein im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wurden in den letzten Jahren gestrichen? Wie verhält es sich da mit dem Bildungsauftrag? Die literarische Vielfalt steht auf dem Spiel, und gerade die ist doch in diesen Zeiten wichtiger denn je.

Auch wenn es uns schwergefallen ist, öffentlich um Unterstützung zu bitten, kann ich Verlagen nur raten: Macht auf eure Lage aufmerksam, denn sie betrifft nicht nur euch, auch nicht nur Verlage, sondern die ganze Branche: Buchhandlungen, Autor:innen, Übersetzer:innen, Grafiker:innen, Druckereien – und letztlich Leser:innen. Nur wenn wir laut sind, gelangt diese Notlage in die Köpfe, vielleicht auch in diejenigen, die über eine strukturelle Verlagsförderung nachdenken.