Zwischenruf von Vito von Eichborn

"Übersetzer überall nennen? Kokolores!"

26. Januar 2022
Vito von Eichborn

Der Forderung, Übersetzer auf dem Cover zu nennen, muss Verleger Vito von Eichborn widersprechen. Für den Leser sei der Übersetzer irrelevant und die Leistung jener "mehr oder weniger kompetent" wie bei jedem Handwerker. Ein Zwischenruf. 

Pardon, aber ich muss widersprechen. Mal wieder - wie immer wieder hier und anderswo - wird verlangt, Übersetzer immer und überall zu nennen. Auch auf dem Cover. Diese Forderung ist Kokolores.

1. Es gibt ein grundlegendes Missverständnis: Die Umschlaggestaltung dient nicht der Information - sie ist schlicht Verpackung, Werbung, also dazu da, den Inhalt zu transportieren. Zuerst an die Buchhändlerin. Wenn ihr das einleuchtet oder gar gefällt, nimmt sie’s in den Laden, damit die Kundin es in die Hand nimmt. Die liest vielleicht Rückseite, Klappentexte oder „Über dieses Buch“. Und kauft’s hoffentlich. Dann ist der Job des Covers längst getan.

2. Es gibt nicht „die Übersetzer“. Sie sind - wie Autoren und Illustratoren - zunächst Handwerker. Mehr oder weniger kompetent und kreativ wie jeder Tischler. (Und manche liefern Missgeburten.) Auf dem Cover genannt werden die, die dem Transport dienen. Natürlich bin auch ich dafür, kreative Leistungen auf dem Cover zu würdigen, und sei‘s auch nur als Geste. Aber der Name des Übersetzers auf dem Simpel-Ratgeber, Kitschroman, Reiseführer usw. gehört nicht hierher. Auch beim Durchschnittskrimi ist er mir egal. Und als Forderung ist’s Unsinn. Im Bereich der literarischen Übersetzungen gibt es, wir wissen es, seit Voss, bedeutende Urheber. Wer (nur als Beispiel) einen Harry Rowohlt nicht auf dem Cover nennt (ein Gruß in den Übersetzerhimmel), sündigt nicht nur, sondern verkauft weniger.

Übersetzer sind, wie Autoren und Illustratoren, Handwerker. Mehr oder weniger kompetent und kreativ wie jeder Tischler. 

3. Für internationale Bibliografien maßgeblich ist der Titel. Dafür gehören Zeichner und Übersetzer hier hin, damit sie in allen Verzeichnissen gefunden werden.

4. Dann gibt’s noch Urheber- und andere Rechtsfragen: Dafür dient das Kleingedruckte im Impressum. Nebenbei: Inzwischen gibt es für Standardtexte weltweit erstaunlich gute (und ständig lernende) Übersetzungsprogramme. Die nennt gar niemand. Die Texte werden nur noch von Korrektoren oder Lektoren überprüft. Hoffentlich. Apropos: Warum werden die nirgends genannt und tutti quanti? Hier sollten - wie in Credits von Filmen - alle genannt werden, schon aus Respekt jener, die zu diesem Buch beigetragen haben (und genannt werden möchten).

5. Schließlich: Machen wir uns nix vor: Auch wenn wir im Betrieb der Bücherwelt uns alle gerne wichtig nehmen: Den meisten Lesern sind wir schnurz. Der Verlag steht auf vielen Umschlägen, draußen kennt ihn kaum jemand. Ich kaufe und lese Bücher ausschließlich wegen ihrer Inhalte. Die Frage ist nur - wie finden die mich oder ich sie?

Und drei Wochen später: Haben Sie und Du sich noch nie gefragt: „Wie hieß noch mal das Buch, der Autor …?“