Messediskussion: Wer macht ein Buch?

Sichtbarkeit für Übersetzer:innen und Lektor:innen!

21. Oktober 2022
von Sabine van Endert

Wer macht ein Buch? Über die Sichtbarkeit, bzw. Unsichtbarkeit derer, die hinter den Schreibenden verborgen sind, diskutierten der Hanser-Verleger Jo Lendle, die Autorin Zoë Beck, die Übersetzerin Patricia Klobusiczky und die Lektorin Katharina Gerhardt. 

Lektor:innen gehören ins Impressum: Das fordert der VFLL, Verband der Freien Lektorinnen und Lektoren, der VdÜ, Verband deutschsprachiger Übersetzer:innen, möchten prominent genannt werden. "Alle haben Sichtbarkeit verdient", meint Zoë Beck, die als Autorin, Übersetzerin und Verlegerin (CulturBooks) aus vielen Perspektiven sprechen kann. Schlecht lektorierte Bücher seien eine Qual, als Übersetzerin müsse sie persönlich nicht unbedingt aufs Cover, die Nennung auf der Buchrückseite sei ausreichend.

Patricia Klobusiczky, Übersetzerin und VdÜ-Vorsitzende ist anderer Meinung: Die Nennung der Übersetzer:innen auf der U4 sei ein Rückschritt, wo doch viele Verlage, wie z.B. Dörlemann, Aviva, Mare oder Berenberg die Nennung auf dem Cover etabliert hätten. 

Übersetzer:innen aufs Cover, Lektor:innen ins Impressum

"Übersetzten ist eine interpretierende Kunst", sagt Patricia Klobusiczky und fragt: "Warum werden Herausgeber auf dem Cover genannt, aber Übersetzer, die ein Werk Wort für Wort und Komma für Komma in einer neuen Sprache erschaffen, nicht?" 

Und Lektor:innen gehören laut Katharina Gerhardt ins Impressum. Nicht nur freie, sondern alle Lektor:innen sollten genannt werden, denn sie alle seien Profis und würden das wichtige Feintuning der Bücher übernommen. Lektorinnen und Lektoren leisten einen Beitrag, der weit über die Korrektur von  Rechtschreibfehlern hinausgeht, oft begleiten sie Autor:innen  über viele Monate. Leider sei es so, dass je renommierter Autor und Verlag, desto seltener würde das Lektorat im Impressum genannt werden. 

Jo Lendle: "U1 ist für mich Marketingfläche"

Für Hanser-Verleger und Autor Jo Lendle gehört das Cover den Autor:innen: "Die U1 ist Marketingfläche, da geht es um Purheit und Gestaltung". Dass die Teamarbeit, die hinter erfolgreichen Büchern steht, selten gewürdigt wird, liege an den Auswirkungen des Geniekults. Übersetzer:innen werden bei Hanser grundsätzlich mit Biografie im Buch genannt. Bei den Lektor:innen sieht es anders aus: Das Ego von Festangestellten müsse nicht geboostert werden, die wenigen freien Lektor:innen, die bei Hanser beschäftigt würden, könnten auf Wunsch gern namentlich im Impressum genannt werden, sagt er. 

Patricia Klobusiczky: "Übersetzer:innen sollen sich einen Namen machen können"

Und wenn die Übersetzerin, der Übersetzer gar nicht aufs Cover will? Für Patricia Klobusiczky ist die Sache klar: "Lassen wir doch die Übersetzer:innen entscheiden", sagt sie. Verwirrung beim Lesepublikum wenn es Bücher mit und ohne Nennung gibt, fürchtet sie nicht, die literarische Öffentlichkeit kommet damit sicher klar. Erst wenn Übersetzer:innen auf der U1 genannt werden, würden Rezensent:innen deren Arbeit erwähnen und beurteilen: "Wir werden um unsere Autorenschaft gebracht, wenn wir nicht so sichtbar genannt werden", so ihre Überzeugung.