Rechtsstreit mit Rammstein-Sänger

KiWi verliert gegen Till Lindemann

14. April 2025
Redaktion Börsenblatt

Im Juni 2023 beendete Kiepenheuer & Witsch die Zusammenarbeit mit Till Lindemann, nachdem Vorwürfe wegen der "Aftershow-Partys" des Rammstein-Sängers aufgekommen waren. Gegen die Vertragsauflösung hatte Lindemann geklagt – und nun in erster Instanz Recht bekommen. Wie reagiert der Kölner Verlag darauf?

Till Lindemann bei einem Auftritt 2019

"Der Verlag kann sich nicht vorstellen, mit Till Lindemann wieder zusammenzuarbeiten, und wird alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um dies zu verhindern", teilt Kiepenheuer & Witsch auf Anfrage von Börsenblatt online zum aktuellen Urteil des Landgerichts Köln mit.

Der Kölner Verlag hatte im Juni 2023 nach schweren Vorwürfen um den Umgang mit weiblichen Fans auf den "Aftershow-Partys" nach Rammstein-Konzerten, die Zusammenarbeit mit seinem Autor und Rammstein-Sänger Till Lindemann beendet. Dagegen ist Lindemann juristisch vorgegangen.

Laut Medien hat das Landgericht Köln mit Urteil vom 11. April einer Klage des Rammstein-Sängers und Buchautors Till Lindemann gegen die Aufkündigung der Zusammenarbeit durch Kiepenheuer & Witsch stattgegeben. Laut Urteil habe für den Verlag kein Kündigungsgrund bestanden. Es sei vom Landgericht festgestellt worden, dass die Verlagsverträge zwischen Lindemann und Kiepenheuer & Witsch ungekündigt fortbestehen. Das bestätigt ein Sprecher des Landgerichts auf Anfrage.

Das Landgericht Köln sei zu der Ansicht gekommen, weder das Porno-Video "Till The End" (in dem ein KiWi-Gedichtband Lindemanns zu sehen ist) noch die Vorwürfe gegen den Rammstein-Sänger könnten die Kündigung der Verlagsverträge begründen. Nach den Verträgen seien Kiepenheuer & Witsch "das künstlerische Werk und die künstlerische Ausdrucksweise" von Lindemann bekannt gewesen: nämlich eine, die gezielt Grenzüberschreitungen thematisiere, berichtet die FAZ, die sich unter anderem auf eine Mitteilung der Hamburger Kanzlei Lichte bezieht, die Lindemann vertreten hat. Dort heiße es, das Ermittlungsverfahren gegen Lindemann sei eingestellt worden; soweit in den Vorwürfen "moralisch vorwerfbares Verhalten" zu sehen sei, könne dies kein Kündigungsrecht begründen.

Update: So begründet das Landgericht sein Urteil

"Die Kammer hat die außerordentliche(n) Kündigung(en) der vertraglichen Beziehungen als unwirksam erachtet", fasst Wolfgang Schorn, stellvertretener Pressesprecher des Landgerichts am 12. April auf Anfrage zusammen. Im Rahmen der Abwägung sei  sie zu dem Ergebnis gelangt, dass die sofortige Beendigung der Verlagsverträge nicht verhältnismäßig ist. Hierbei habe die Kammer berücksichtigt, dass die Interessen der Beklagten im Hinblick auf deren Wahrnehmung in der Öffentlichkeit beeinträchtigt waren. Tragend in der Abwägung sei aber vor allem die vertragliche Konstruktion gewesen, in die explizit aufgenommen war, dass dem Verlag das künstlerische Wirken des Klägers bekannt war. Diese sah zudem vor, dass selbst bei erheblichen Konflikten zunächst eine einvernehmliche Lösung zu suchen war. Soweit Kiepenheuer & Witsch vorgetragen habe, dass durch die 2023 aufgekommenen Vorwürfe gegenüber dem Kläger Till Lindemann eine Kündigung gerechtfertigt sei, ist die Kammer dem nicht gefolgt. Da die Vorwürfe strafrechtlich bislang nicht festgestellt wurden, seien hier die Voraussetzungen einer Verdachtskündigung anzulegen. Auch diesbezüglich bedürfe es der Ausschöpfung milderer Mittel, insbesondere einer Anhörung vor dem Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung.

Die Entscheidung sei noch nicht rechtskräftig, betont der Sprecher.