Staatsanwaltschaft Berlin

Ermittlungsverfahren gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann eingestellt

29. August 2023
Redaktion Börsenblatt

Ein Ermittlungsverfahren gegen Till Lindemann, Sänger der Band "Rammstein", wegen des Verdachts der Begehung von Sexualdelikten wie auch Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz wurde eingestellt. Das teilte die Staatsanwaltschaft Berlin am Dienstag mit – und nennt die Gründe. Update: Kiepenheuer & Witsch, das die Zusammenarbeit mit Lindemann beendet hatte, kommentiert den Sachverhalt aktuell nicht.

Till Lindemann bei einem Auftritt 2019

Die Auswertung der verfügbaren Beweismittel – vor allem der Presseberichterstattung, die sich auf anonyme Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber beziehe, wie auch der ergänzenden Vernehmung von Zeuginnen – hätte keine Anhaltspunkte dafür erbracht, dass der Beschuldigte gegen deren Willen sexuelle Handlungen an Frauen vorgenommen, diesen willensbeeinflussende oder -ausschaltende Substanzen verabreicht oder gegenüber minderjährigen Sexualpartnerinnen ein Machtgefälle ausgenutzt habe, um diese zum Geschlechtsverkehr zu bewegen, heißt es in einer Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Berlin (29. August).

Die Ermittlungen waren aufgrund von Anzeigen Dritter in Zusammenhang mit Presseberichterstattung eingeleitet worden, so die Staatsanwaltschaft Berlin weiter. Die in der Presseberichterstattung wiedergegebenen Angaben von Zeuginnen und Zeugen hätten sich durch die Ermittlungen nicht bestätigt.

Mutmaßliche Geschädigte hätten sich bislang nicht an die Strafverfolgungsbehörden gewandt, sondern ausschließlich – auch nach Bekanntwerden des Ermittlungsverfahrens – an Journalistinnen und Journalisten, die sich ihrerseits auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen haben. Die Möglichkeit, etwaige Tatvorwürfe ausreichend zu konkretisieren, habe daher ebenso wenig bestanden wie die, einen Eindruck von der Glaubwürdigkeit der mutmaßlichen Geschädigten und der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben im Rahmen von Vernehmungen zu gewinnen.

Die Angaben der Zeugin Kyla Shyx, die zunächst über "Youtube" Vorwürfe erhoben hatte, seien in den Vernehmungen zu unkonkret geblieben – "zumal die Zeugin jedenfalls kein eigenes Erleben strafrechtlich relevanter Vorfälle schildern konnte". Die von ihr geschilderten Umstände hätten entweder Rückschlüsse aus Beobachtungen dargestellt oder seien ihr von anderen geschildert worden. "Andere von der Zeugin benannte Personen sollen entweder schon nichts strafrechtlich Relevantes beobachtet haben oder wurden nicht hinreichend identifizierbar benannt und konnten auch durch die weiteren polizeilichen Ermittlungen nicht namhaft gemacht werden. Eine unmittelbare Vernehmung war daher nicht möglich", fährt die Staatsanwaltschaft fort.

Zu dem aus den Medien bekannten Vorfall zum Nachteil der sich als Shelby Lynn bezeichnenden Person im Umfeld des Konzerts der Band Rammstein in Vilnius am 22. Mai 2023 hätten die litauischen Behörden die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgelehnt. Der Staatsanwaltschaft Berlin hätten Unterlagen der litauischen Behörden vorgelegen. Bei der Auswertung hätten sich auch hier "keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte für Sexualstraftaten durch den Beschuldigten" ergeben. Die Herkunft eines Hämatoms allein lasse jedenfalls weder einen Rückschluss auf eine solche Tat noch auf einen bestimmten Beschuldigten zu. Zu dem Ergebnis eines von der Zeugin selbst veranlassten Drogentests seien widersprüchliche Angaben übermittelt worden, das Ergebnis selbst habe der Staatsanwaltschaft nicht vorgelegen. Auch im Übrigen hätten sich aus den Unterlagen keine Hinweise auf eine etwaige unfreiwillige Einnahme von Betäubungsmitteln oder nicht einvernehmlichen Geschlechtsverkehr bzw. sexuelle Handlungen im widerstandsunfähigen Zustand ergeben.

Der in der Presseberichterstattung dargestellte Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen über eine junge Frau, die vermeintlich als 15-Jährige (kurz vor Vollendung des sechzehnten Lebensjahres) eine sexuelle Beziehung mit dem Beschuldigten eingegangen sein will, konnte laut Staatsanwaltschaft Berlin ebenfalls nicht erhärtet werden. Denn auch diese Zeugin sei anonym geblieben und konnte deshalb nicht vernommen werden.

Strafrechtlich relevante Anhaltspunkte für Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz lägen nicht vor.

Gegen die Tourmanagerin sei aufgrund von Medienberichten wegen des vermeintlichen Zuführens junger Frauen bei Konzerten in den Backstagebereich Anzeige erstattet worden. Insoweit hätten sich ebenfalls keine Anhaltspunkte für ein strafrechtlich relevantes Verhalten ergeben. Das gegen sie geführte Verfahren sei daher in gleicher Weise eingestellt worden, so die Staatsanwaltschaft Berlin.

Update: Aufgrund der Vorwürfe hatte der Verlag Kiepenheuer & Witsch die Zusammenarbeit mit Lindemann eingestellt. Auf eine Anfrage von Börsenblatt online, ob mit der Einstellung des Verfahrens die Entscheidung überdacht wird, antworten die Kölner am 30. August, dass sie den Sachverhalt zum jetzigen Zeitpunkt nicht weiter kommentieren. Eine weitere Anfrage läuft an GeraNova Bruckmann, was mit dem auf Eis gelegten Bildband wird. 

Am 8. September kam die Antwort aus München: "Aktuell gibt es noch keine Informationen darüber ob der Titel 'Der Rhein' erscheint oder nicht. Wir befinden uns aber weiterhin im Kontakt mit den Autoren."