Das Interview mit Jonathan Landgrebe unter dem Titel "Wir sind keineswegs in einer finanziell desaströsen Lage" (6. Oktober), findet sich hinter der Zahlschranke bei Zeit online.
Mit der kompletten Übernahme durch Dirk Möhrle sei die Traditionslinie des 2002 gestorbenen legendären Verlegers Siegfried Unseld gekappt, so die beiden Interviewer Thomas E. Schmidt und Adam Soboczynski: Wie konnte es dazu kommen? Als diese Eigentümerkonstellation 2015 entstand, sei er sicher gewesen, antwortet Jonathan Landgrebe, "dass wir damit eine belastbare Struktur haben. Das ist nicht aufgegangen." Das Zusammenspiel mit dem Aufsichtsrat, der mit Rachel Salamander, Ulla Unseld-Berkéwicz und der Ströher-Familie besetzt war, habe nicht gut funktioniert. "Über all die Jahre hatte sich eine komplexe und emotionale Situation herausgebildet", so Landgrebe – der meint: "Mit dem Verkauf der Aktien an Dirk Möhrle ist dieser Knoten geplatzt."
Bei allen Entscheidungen sei es darauf angekommen, einen gemeinsamen Nenner zu finden und die erforderlichen Diskussionen konstruktiv zu führen. "Das war zunehmend schwierig." Die Beteiligten hätten sich schlussendlich hingesetzt und überlegt, wie die Situation gelöst werden könne. "Und die von allen gewählte Lösung war, dass Dirk Möhrle die Aktien der anderen Gesellschafter erwirbt", erklärt Landgrebe. Auch die Familie Ströher habe im Sinne des Verlags an der Ermöglichung einer neuen Lösung mitgewirkt.
Angesprochen, ob ökonomische Schwierigkeiten zum Verkauf geführt hätten, betont Landgrebe: "Wir sind keineswegs in einer finanziell desaströsen Lage. Suhrkamp ist nicht in Not." Hinweis: So hatte die SZ ihren Beitrag getitelt.
Bis 2021 habe der Verlag jedes Jahr Gewinne erwirtschaftet und auch an die Aktionäre ausgeschüttet, fährt Landgrebe fort, räumt aber ein, dass es stimme: "Das momentane Marktumfeld ist für uns nicht einfach." Die wirtschaftliche Situation sei aber auch nicht existenziell besorgniserregend, wie gemutmaßt werde. Eine Eigentümersituation, in der man bereit sei, auch in schwierigen Zeiten mutige Entscheidungen finanziell und ideell mitzutragen, sei in diesen Zeiten natürlich von unschätzbarem Wert. Und diese Eigentümersituation sei nun gefunden. Suhrkamp habe bis 2022, als 270.000 Euro Verluste gemacht wurden, viele Jahre wirtschaftlich erfolgreich gearbeitet. "Zu diesem Zustand müssen wir zurückkommen. Wir sind bereits auf einem guten Weg dorthin", so Landgrebe.
Titel etwa mit hohem Verkaufspotential werde Suhrkamp in Zukunft auf einer starken finanziellen Basis einfacher akquirieren können, Dirk Möhrle habe hierfür Investitionen zugesagt. Möhrle und er ständen im engen Austausch "und wir vertrauen einander", erklärt Landgrebe. Er habe keinen Zweifel daran, dass Möhrle den Verlag als eine langfristige Investition sieht. Und Möhrle habe ihm versichert, dass er aus seiner Inhaberposition nicht ins Programm intervenieren werde. "Das empfinde ich als Erleichterung."