Traditionsverlag

Dirk Möhrle übernimmt Suhrkamp komplett

4. Oktober 2024
Redaktion Börsenblatt

Der Unternehmer Dirk Möhrle wird im November sämtliche Verlagsanteile des Suhrkamp Verlags von der Siegfried und Unseld Familienstiftung und der Familie Ströher übernehmen und damit alleiniger Inhaber. Der Unternehmer hält seit 2015 bereits 39 Prozent des Traditionsverlags. 

Fassade des Suhrkamp Verlagsgebäudes

Mit der vollständigen Übernahme der Verlage Suhrkamp und Insel durch Dirk Möhrle bzw. der Möhrle Group werden alle Unternehmensanteile von Ulla Unseld-Berkéwicz, Witwe des langjährigen Verlegers Siegfried Unseld, und der Familie Ströher an den Unternehmer übergehen. Die Transaktion ist für den 1. November geplant. Zuerst hatte die Frankfurter Allgemeine Zeitung exklusiv berichtet.

Zum 31. Oktober werden sich die Siegfried und Ulla Unseld Familienstiftung, unter dem Vorsitz von Ulla Unseld-Berkéwicz, Witwe des langjährigen Verlegers Siegfried Unseld, und die Darmstädter Familie Ströher als Aktionäre der Suhrkamp Verlag AG zurückziehen. Ebenfalls werden Unseld-Berkéwicz, Ulrich Ströher und Rachel Salamander den Aufsichtsrat der AG verlassen. 

Der Vorstand der Suhrkamp AG, mit Jonathan Landgrebe als Verleger, bleibt von den Veränderungen unberührt, heißt es in der Pressemitteilung. 

Ulla Unseld Berkéwicz

Ulla Unseld-Berkéwicz zieht sich zurück

"Es war Zeit, die Verantwortung, die Siegfried Unseld mir 'abverlangt' hat, wie es bei Bertolt Brecht heißt, abzugeben", so Ulla Unseld-Berkéwicz. "Meine Tätigkeit und jene der Siegfried und Ulla Unseld Familienstiftung hat mit dem 100. Geburtstag Siegfried Unselds ihr Ende gefunden. Wir wünschen dem Verlag, seinen Autoren und Mitarbeitern alles erdenklich Gute und wünschen Herrn Möhrle eine glückliche Hand."

Suhrkamp-Verleger Jonathan Landgrebe bezeichnet seine Arbeit in seinem Statement als "eine große Ehre" und "Freude, auch in Zeiten starker Herausforderungen für die Buchbranche". Er bedankt sich bei Unseld-Berkéwicz für das Vertrauen und der Familie Ströher für die Unterstützung des Verlags in den letzten zwölf Jahren sowie beim Aufsichtsrat. 

"Mit Dirk Möhrle haben wir nun einen Partner an unserer Seite, der uns bereits in den letzten Jahren verlässlich, zugewandt und mit großer Umsicht verbunden war. Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit", so Landgrebe weiter. 

Jonathan Landgrebe

Unternehmer Dirk Möhrle sagt, dass er in den vergangenen zehn Jahren seiner Beteiligung habe entdecken dürfen, "welche Bedeutung diesem Verlag und seinen Autoren zu eigen ist". Wie kein zweiter Verlag habe er die Geistesgeschichte der Bundesrepublik ebenso geprägt wie ihre politische Kultur. "Vor allem aber wurde er zum Maßstab für literarische Qualität in Deutschland", so Möhrle in der Presseinformation.

"Diesen bedeutenden, weltweit hoch angesehenen Verlag zu bewahren und ihn in eine gute Zukunft zu begleiten, bedeutet eine große Verantwortung. Ich möchte sie mit Freude und Zuversicht annehmen. Dass unter den Aktionären Konsens herrschte, mir diese gewichtige Aufgabe zu überantworten, ehrt mich", so der Unternehmer, der nach dem BWL-Studium einen Gartenmarkt eröffnete und die familieneigene Baumarktkette Max Bahr führte.

Sein volles Vertrauen gelte dem Verleger Jonathan Landgrebe, "der die Verlage Suhrkamp und Insel seit 2015 mit sicherer Hand leite und auch in Zukunft leiten wird", sowie der Geschäftsleitung mit Tanja Postpischil, den Abteilungsleitern und allen Mitarbeitern. Außerdem verspreche er "langfristig und mit vollem Engagement" seine Ressourcen einzubringen, um die verlegerisch unabhängige Arbeit zu sichern. 

Schließlich dankt Möhrle dem gesamten Aufsichtsrat mit Ulla Unseld-Berkéwicz, Rachel Salamander und Ulrich Ströher. "Im Besondern gilt mein Dank Ulla Unseld-Berkéwicz für Ihren leidenschaftlichen Einsatz für den Verlag, als Verlegerin zumal, aber auch als Aufsichtsratsvorsitzende. Von ihr und auch von Rachel Salamander konnte ich in den vergangenen Jahren viel lernen."

Sandra Kegel spekuliert in ihrem Artikel in der "FAZ" darüber, der Verkauf der Anteile an den Unternehmer sei ein weiteres Indiz dafür, dass selbst ein Verlag wie Suhrkamp derzeit unter extremem wirtschaftlichen Druck stehe.

Zum Artikel in der "FAZ": Suhrkamp erfährt Befreiungsschlag: Dirk Möhrle soll Inhaber des Verlags werden