Sternchen, Binnen-I, Doppelpunkt: Müssten, sollten Verlage nicht doch eine Art Richtlinie entwickeln, welche Variante in ihren Büchern zum Einsatz kommt?
Nein, wir sind ja nicht der Duden-Verlag. "Autor" heißt "selbst".
Gendern ist in vielen Abstufungen möglich. Was ist Leser*innen zumutbar?
In der ersten Verlagsankündigung haben wir das generische Femininum verwendet und nur von "Autorinnen" gesprochen. Wir dachten, das sei mal an der Zeit und elegant. Doch es hat zu Missverständnissen geführt, männliche Autoren fühlten sich ausgeschlossen.
Wie halten Sie es mit dem Thema Gendern in der Kommunikation des Verlags – also in Mails, Vorschauen, Werbematerialien?
In der Vorschau verwenden wir den Doppelpunkt, das sind Gebrauchstexte, die schlank und schnell funktionieren müssen, wir wollen möglichst integrieren, es ist eine Form der Höflichkeit. Persönlich bin ich immer für Genauigkeit und bevorzuge eigentlich die umständliche Benennung aller. Das geht nur nicht immer.
Gleichzeitig gilt aus meiner Sicht: Ich bin zu DDR-Zeiten aufgewachsen und weiß, was Funktionärssprache bedeutet. Und auch wenn ich das Gendern für richtig und gut halte: Ich möchte nicht in `Woke-istan´ leben.
Glauben Sie, dass in fünf Jahren viele Romane in gendergerechter Sprache erscheinen – erstens, weil wir uns alle daran gewöhnt haben, zweitens, weil gerade die jungen, jetzt nachrückenden Autor*innen ein anderes Bewusstsein für gendergerechte Sprache entwickelt haben?
Das kann sein, aber noch sehe ich das nicht. Momentan arbeite ich als Gastprofessor am Deutschen Literaturinstitut Leipzig mit sechs jungen Studierenden an Romanprojekten, keines davon bedient sich gegenderter Sprache. Ehrlich gesagt, in guter Literatur geht es um mehr als die formale Verwendung von Doppelpunkten, Asterisken oder Binnen-Is. Es geht um Empathie, Genauigkeit und Schönheit. Wenn die genannten graphischen Zeichen dazu beitragen: ok!