Die Sonntagsfrage

Wie lange bleiben Sie mit Ihrer Buchhandlung noch im Weinladen, Herr Drescher?

15. Januar 2022
Redaktion Börsenblatt

Die Buchhandlung Oelrich & Drescher in Eschweiler ist im Juli dem Hochwasser zum Opfer gefallen  -  und im August in den Eschweiler Weinladen in die Rosenallee umgezogen. Wie laufen die Geschäfte im Behelfsdomizil? Wie reagieren die Kunden auf die Kombi Buch und Wein? Und kann die Buchhandlung bald wieder zurück in die Neustraße ziehen? Antworten von Jörg Drescher.

Wir können sagen: Die Geschäfte für unsere Buchhandlung Oelrich & Drescher laufen in der "Notunterkunft" im Weinladen den Umständen entsprechend gut! Unsere lieben Stammkunden kommen weiter zu uns. Der Onlineshop läuft auch immer besser, vor allem die Click & Collect-Funktion. An unserem schon immer sehr guten Rechnungsumsatz hat sich auch nichts geändert. Was uns fehlt, ist die Laufkundschaft. Da im Zentrum nur eine gute Handvoll Geschäfte wieder geöffnet ist, kommen die Kunden nur gezielt in die Läden. Der nach wie vor trostlose Anblick der Innenstadt lädt auch nicht gerade zum Stadtbummel ein. Nach meiner Einschätzung wird die ganze Situation uns noch auf Jahre hinaus beschäftigen. Aber wie Mutter Kempowski gesagt hätte: „Uns geht’s ja noch gold“. 

Nach meiner Einschätzung wird die ganze Situation uns noch auf Jahre hinaus beschäftigen. Aber wie Mutter Kempowski gesagt hätte: „Uns geht’s ja noch gold“. 

Buch und Wein - wir profitieren gegenseitig

Traditionell haben wir etliche gemeinsame Kunden. Im Weihnachtsgeschäft haben wir aber auch eine wachsende Anzahl von gegenseitigen neuen Kunden beobachtet. Die beurteilten das „neue“ Konzept Buch und Wein ausnahmslos als stimmig und passend, sowohl vom Sortiment her als auch von den Inhabern. Die wichtigste „Kooperation“ ist natürlich die Aufteilung der Miete und Nebenkosten. In Zeiten explodierender Preise ein nicht unerheblicher Synergieeffekt! 

Unser Hauptproblem ist der geringe Platz, etwa 30 Quadratmeter stehen uns zur Verfügung. Für eine Übergangszeit ist das in Ordnung, aber eine dauerhafte Lösung kann das nicht sein. Einige Warengruppen haben wir gar nicht vorrätig, z.B. Kalender. Da ist die Titelauswahl eine echte Herausforderung. Gesetzt sind natürlich die Bestseller, dazu unsere Stärken Kinderbuch und Krimi. Wir haben aber Telefon und Internet, wenn auch durchaus mit Ausfällen. Nach einem halben Jahr gibt es in der Stadt teilweise noch immer ganze Straßenzüge ohne Telefon und/oder Internet.

Unser Hauptproblem ist der geringe Platz, etwa 30 Quadratmeter stehen uns zur Verfügung.

In absehbarer Zeit werden wir sicher nicht zurück in unsere Buchhandlung können! Ein Nachbarhaus ist offenbar schwerer beschädigt bzw. unterspült als angenommen. Bevor das nicht repariert ist, können wir nicht mit der Sanierung (wenn überhaupt) beginnen. Aber wie es überall so ist: es sind keine Handwerker zu bekommen.

Aber wir machen das Beste daraus. Im November haben wir uns und ein paar Freunden mit einer Veranstaltung mit Ulli Potofski eine kleine Freude gemacht  und uns sozusagen einen kleinen Neuanfang in Sachen Live-Kultur gegönnt. Größere Veranstaltungen müssen wir aus Platzgründen in andere Locations (soweit überhaupt noch vorhanden) verlegen, wobei da natürlich der Charme der Buchhandlung (und der Umsatz) fehlt. Ende Januar werden wir das mal mit einem Fontane-Abend probieren.

Aus finanzieller Sicht kommen wir über die Runden

Hilfen von staatlicher oder privater Seite müssen wir nicht in Anspruch nehmen. Wir sind gut versichert über Wulff & Partner im Rahmen des Vorteilsprogramm des Börsenvereins. Aus finanzieller Sicht kommen wir damit über die Runden. Bewegend war die spontane Reaktion von vielen Kollegen, Verlagen und Vertretern, die uns mit vielen Bücherspenden, Deko und Sonderkonditionen unterstützt haben. Wer Geld spenden möchte: bitte nicht direkt an uns, sondern an das Sozialwerk des Deutschen Buchhandels.