Die Sonntagsfrage

"Was am Buchverlag für die Frau ist noch ostdeutsch, Herr Gebhardt?"

12. Februar 2021
Redaktion Börsenblatt

Der Buchverlag für die Frau aus Leipzig feiert in diesem Jahr 75. Geburtstag, unter anderem mit einem Kochbuch in Kooperation mit der Zeitschrift "SUPERillu", das Gerichte vereint, die die Küchentraditionen im Osten Deutschlands geprägt haben. Welche Aktionen sonst noch geplant sind und wie stark der einstige Vorzeigeverlag der DDR regional geprägt ist, erklärt Lutz Gebhardt, Geschäftsführer der Verlagsgruppe grünes herz, zu der der Buchverlag für die Frau gehört, in der Sonntagsfrage.

So ein Verlagsjubiläum inmitten der Corona-Pandemie zu begehen, ist natürlich nicht einfach. Wir hatten zum Beispiel im Rahmen der Leipziger Buchmesse eine große Jubiläumsveranstaltung geplant, um mit unseren treuen LeserInnen, Freunden und Partnern 75 Jahre Verlagsgeschichte zu feiern. Durch die Absage ist das nun leider erst mal alles passé. Wir hoffen jetzt auf das zweite Halbjahr 2021, um das nachzuholen und vor allem generell wieder Buchvorstellungen durchführen zu können.

Ein wichtiger Bestandteil unserer Feierlichkeiten ist nun unser Jubiläumskochbuch mit den Lieblingsrezepten der Deutschen. Dafür haben wir nach dem bestmöglichen Partner gesucht. Die "SUPERillu" ist ja eine der größten Publikumszeitschriften Deutschlands und auch sowas wie das "Sprachrohr des Ostens". Durch ihre Reichweite ist sie in der Lage, viele Leser anzusprechen und für unser Buchprojekt zu begeistern. Zudem haben wir noch eine interessante Verbindung zueinander: "Guter Rat", die älteste Verbraucherzeitschrift Deutschlands, erscheint ja seit vielen Jahren im "SUPERillu" Verlag beziehungsweise bei Burda. Bis zur Wende war "Guter Rat" aber eines der Flaggschiffe der Zeitschriftenproduktion im Verlag für die Frau! Heute ist sie die einzig noch verbliebene Zeitschrift aus dem alten Verlagserbe.

"Natürlich hat uns die Coronakrise schwer getroffen"

Der Verlag hat in den 75 Jahren seines Bestehens schon viele Krisen und Umbrüche gemeistert. Daher ist er einer der wenigen ehemaligen Ostverlage, die es heute noch gibt. Aber natürlich hat uns die Coronakrise schwer getroffen. Die abrupte Absage der Leipziger Buchmesse im März 2020 war ein großer Verlust für uns. Gerade sie ist für uns besonders wichtig und nicht zu ersetzen. Im Frühjahr brachen die Umsätze weg und wir mussten das Herbstprogramm kürzen. Die zweite Jahreshälfte brachte dann eine Erholung. Der neuerliche Lockdown macht es natürlich nicht leichter. 

Trotzdem wollten wir im Frühjahrsprogramm 2021 keine Abstriche machen, auch wegen des Jubiläums. Es erscheinen fünf große Sachbücher und fünf neue Bände in unserer Minibibliothek, was für die Stabilität des Verlags in der Krise spricht.

"Das verlegerische Erbe spielt für uns eine große Rolle"

Auch nach 75 Jahren spielt das verlegerische Erbe für uns eine große Rolle. Der Verlag für die Frau war eine Institution in der DDR, er war der große Mode- und Ratgeberverlag schlechthin. Fast jeder kannte ihn und seine Zeitschriften und Bücher. Die Zeitschrift "Sibylle" zum Beispiel ist heute Kult. Aber vor allem die Kochbücher sind im kollektiven Gedächtnis geblieben. Der Buchverlag hat bis heute die legendären Küchenklassiker "Wir kochen gut" (1962, heute in 55. Auflage), "Das Backbuch" (1967, 44. Auflage) und "KOCHEN" (1979, 42. Auflage) im Programm. Sie gehören damit zu den "dienstältesten" kulinarischen Ratgebern Deutschlands. Und sie sind schon längst auf dem gesamtdeutschen Buchmarkt angekommen. So leben die ostdeutschen Traditionen, vor allem die Küchen- und Alltagskultur, im Verlag weiter.